Für Sie gelesen 4

Buchcover politisches Framing
Kommunikation

Sprache wirkt sich aufs Denken aus

Erinnern Sie sich noch an die Debatte um „Bürgerversicherung“ und „Kopfpauschale“, an den Konflikt zwischen Bert Rürup und Karl Lauterbach? Bis heute ärgern sich die Anhänger einer steuerfinanzierten „Gesundheitsprämie“ à la Rürup darüber, dass sie damals diese positiv konnotierte Alternative zum Begriff „Kopf­pauschale“ viel zu spät in der Öffentlichkeit platziert haben. Von der Gesundheitsprämie ist heute kaum noch was zu hören, von der Bürgerversicherung sehr wohl. Die Sprachwissenschaftlerin Elisabeth Wehling würde vermutlich sagen, dass das politische Framing in dem einen Fall funktionierte, in dem anderen dagegen nicht. Frames (engl.: Rahmen) sind gedankliche Deutungsrahmen, mit denen wir von Kindheit an die Welt um uns herum sortieren. Diese Deutungsrahmen werden durch Sprache und Begriffe im Gehirn aktiviert. Wehling liefert dafür auf rund 220 Seiten einleuchtende wissenschaftliche Erklärungen und prägnante Beispiele. So macht es einen Unterschied, ob wir uns als Steuerzahler begreifen oder als Steuerbeitragende: Zahler betrachten den Staat als Dienstleistungsunternehmen, Beitragende tun etwas Gutes für das Gemein­wesen. Politisches Framing zu erkennen und zu hinterfragen, ist keineswegs einfach – nach der Lektüre von Elisabeth Wehlings lesenswertem Handbuch fällt es leichter, im übertragenen Sinne aus dem Rahmen zu fallen.
Elisabeth Wehling: Politisches Framing. 2016. 224 Seiten. 21,00 Euro. Herbert von Halem Verlagsgesellschaft, Köln.

Buchcover Gesundheit ist kein Zufall
Prävention

Gesundheit geprägt von Generationen

Die Frage, wie Gesundheit zu definieren ist, beschäftigt Wissenschaftler und Politiker seit Jahren immer wieder. Klar ist längst: Gesundheit ist kein Zustand, sondern ein Prozess. Der Biologe und Wissenschaftsjournalist Peter Spork trägt in seinem Buch nun weitere Erkenntnisse zusammen. Er sieht in der Gesundheit eine prägende „Anpassungsleistung“ an das, was die Umwelt von uns einfordert. Wie wir auf sie reagieren, sei nicht nur eine Frage des individuellen Lebensstils, sondern in unseren Genen angelegt. Darin seien nicht nur unsere eigenen Erfahrungen abgespeichert, sondern auch die von unseren Vorfahren, ihre Fähigkeit zu Widerstand und Resilienz, ihre Ernährungsgewohnheiten und seelische Belastbarkeit. Gesundheit sei also auch ein „generationenübergreifendes Projekt“. Die Erkenntnisse der Molekularbiologie unter­mauern geradezu bestimmte politische Forderungen. Etwa nach einer intensiven Förderung von körperlicher Akti­vität, Bewegung und Sport, denn kein anderer Lebens­stilfaktor hat sich so segensreich für unsere Gesundheit erwiesen. Weiter gilt es jene Erfahrungsräume zu stärken, in denen Menschen lernen, wie sie gute, stabile, soziale Beziehungen gestalten. Die Unterstützung für junge Familien, die Anerkennung für Erzieherinnen werden zu Gradmessern einer gesunden Politik. Gesundheit ist auch ein „Gemeinschaftsprojekt“.
Peter Spork: Gesundheit ist kein Zufall. 2017. 416 Seiten. 22,99 Euro. Deutsche Verlags­anstalt DVA, München.

Buchcover Robotik in der Gesundheitswirtschaft
Innovationen

Technik im Dienst des Menschen

Schon heute kommt Robotik im Gesundheitswesen erfolgreich zum Einsatz. Beispiele hierfür sind künstliche Exo­skelette, die als äußere Stützstrukturen schwer kranken Menschen in der Rehabili­tation wieder auf die Beine helfen, oder fahrerlose Systeme, die in Gesundheitseinrichtungen eigenständig Transporte erledigen, oder Roboter in der Alten- und Krankenpflege, die sogar auf Emotionen rea­gieren können. Das Buch, herausgegeben von der Stiftung Münch, will vor allem eine Übersicht zu bereits be­stehenden und potenziellen Anwendungsbereichen geben. Eine Botschaft ist dabei ganz wichtig: Roboter sollen und können keinesfalls Menschen ersetzen. Sie haben jedoch das Potenzial, Prozesse effizienter zu gestalten, knappe Personalressourcen auszugleichen und professionelle Kräfte in ihrer Arbeit zu entlasten. Um die richtigen Einsatzfelder zu definieren, ist es aus Sicht der Autoren notwendig, die Versorgung aus dem Blick des hilfe- und pflegebedürftigen Menschen zu prüfen und die Behandlungskette über die verschiedenen Sektoren und Systeme hinweg zu planen. Zudem brauche es eine Informationskultur, die allgemeinverständlich über die Technologie informiert und den offenen Dialog zwischen allen Akteuren des Gesundheits­wesens fördert und ermöglicht.
Barbara Klein, Birgit Graf et al.: Robotik in der Gesundheitswirtschaft 2018. 197 Seiten. 59,99 Euro. medhochzwei Verlag, Heidelberg.

Buchcover Der neue Datenschutz im Gesundheitswesen
Datenschutz

Europa setzt neuen Rechtsrahmen

Gesundheitsdaten unterliegen ab dem 25. Mai in allen EU-Mitgliedstaaten einer neuen Datenschutz-Grundverordnung. Der Datenschutz in Deutschland wird damit erstmals nicht mehr allein auf Bundes- und Landesebene, sondern unmittelbar durch EU-Recht geregelt. „Eine neue Ära“, nennt dies Professor Dr. Benedikt Buchner, Leiter des Instituts für Informations-, Gesundheits- und Medizinrecht an der Uni Bremen. Das von ihm herausgegebene Werk bietet sich als praktischer Begleiter an. Vermittelt werden neben den gesetzlichen Grundlagen auch Hinweise, wie das Erfüllen des rechtlichen Rahmens zu organisieren ist. So sollte etwa beim Internet-Auftritt das Impressum so eingebunden sein, dass es leicht erkennbar und mit zwei Klicks erreichbar ist. Die darin anzugebenden Informationen variieren stark nach der jeweiligen Rechtsform. Sofern auf der Website journalistische Inhalte angeboten werden, ist dort auch Name und Anschrift des Verantwortlichen zu nennen. Zentral für das Gesundheitswesen dürften die Vorgaben für die E-Mail-Kommunikation sein. Sobald Gesundheitsdaten übermittelt werden, ist darauf hinzuweisen, wie unsicher ein Versand von unverschlüsselten E-Mails ist und welche Alternativen möglich sind.
Benedikt Buchner (Hrsg.): Der neue Datenschutz im Gesundheitswesen. 2018. 380 Seiten. 89,90 Euro. AOK-Verlag, Remagen.
Susanne Werner ist freie Journalistin in Berlin.