Einwurf

Einsatz für faire Pflegeverträge

Sie enthalten unzulässige Klauseln und beschreiben Leistungen ungenau: Viele ambulante Pflegeverträge benachteiligen die Verbraucherinnen und Verbraucher, meint Ministerin Dr. Katarina Barley. Hier will sie nachbessern.

Portrait Katarina Barley

Etwa drei Millionen Menschen

in Deutschland sind pflegebedürftig. Rund zwei Drittel der Pflegebedürftigen werden zu Hause gepflegt. Dabei sind Pflegebedürftige und pflegende Angehörige in vielen Fällen auf die Unterstützung ambulanter Pflegedienste angewiesen. In der Pflege brauchen wir umfassende Verbesserungen. Das ist eine der größten politischen Herausforderungen. Im Mittelpunkt steht dabei die unzureichende personelle Ausstattung in der Pflege. Um den Pflegeberuf attraktiver zu machen und gute Pflege zu ermöglichen, müssen wir die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte verbessern. Daneben geht es aber auch darum, Pflegebedürftige und ihre Angehörigen beim Abschluss von Verträgen über Pflegedienstleistungen als Vertragspartner besser zu schützen.

Gerade im Bereich der ambulanten Pflege besteht hier noch Verbesserungsbedarf, wie ein vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz gefördertes Projekt der Verbraucherzentralen zeigt. Im Rahmen einer Marktuntersuchung haben die Verbraucherzentralen dazu 63 ambulante Pflegeverträge gesammelt und ausgewertet. Ein Ergebnis war, dass die Anbieter vielfach unzulässige Vertragsklauseln vorsehen, die die Pflegebedürftigen unangemessen benachteiligen. Vor allem die Regelungen zu Haftung, Kündigung und Preiserhöhungen bei Investitionskosten waren vielfach unwirksam. Außerdem waren die vereinbarten Leistungen bei fast allen Verträgen nur ungenau beschrieben, sodass Verbrauchern oftmals nicht klar war, welche Leistungen sie im Einzelnen beanspruchen können.

Laut den Verbraucherzentralen nutzen zudem Pflegedienstleister Spielräume bei der Vertragsgestaltung zulasten pflegebedürftiger Verbraucher aus. Die Verbraucherzentralen fordern daher, den fairen Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Anbietern und Verbrauchern beim Abschluss von ambulanten Pflegeverträgen besser zu gewährleisten.

Die professionellen Pflegedienstleister haben zudem einen großen Wissensvorsprung gegenüber pflegebedürftigen Verbrauchern. Wer Pflege sucht, ist oft in einer Situation, die ohnehin völlig neu und überfordernd ist.

Weiteres Ziel des Projekts war es daher, bessere Informationsmöglichkeiten für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen zu schaffen. Die Verbraucherzentralen haben Verbraucherinnen und Verbraucher über ihre Rechte im Markt der ambulanten Pflege aufgeklärt und umfassende Beratungen zu ihren Verträgen mit ambulanten Pflegediensten angeboten. Außerdem wurde ein Informationsportal im Internet geschaffen, das die wesentlichen Fragen aus Verbrauchersicht beantwortet und dabei seriös und unabhängig ist: das Portal pflegevertraege.de.

Wer Pflege sucht, ist oft ohnehin in einer völlig neuen Situation, die ihn überfordert.

Ich setze mich dafür ein, die Rechte von Verbraucherinnen und Verbrauchern auch bei ambulanten Pflegeverträgen zu stärken. Außerdem müssen wir für mehr Transparenz bei Leistungen und Kosten sorgen. Gerade im ambulanten Pflegebereich bestehen komplizierte Leistungsbeziehungen zwischen Pflegekassen, ambulanten Pflegediensten und pflegebedürftigen Verbrauchern.

Pflegebedürftige Menschen und deren Angehörige sind daher zum einen auf Informationen angewiesen, um die für sie richtigen Leistungsangebote der jeweiligen Anbieter auswählen zu können. Zum anderen müssen die vertraglichen Regelungen transparent und verständlich sein. Verbraucherinnen und Verbraucher müssen nachvollziehen können, zu welchen Leistungen sich der Anbieter ambulanter Pflegedienstleistungen vertraglich verpflichtet, welche Leistungen der Anbieter bei der Pflegekasse abrechnen kann und welche Leistungen der Pflegebedürftige selbst bezahlen muss. Zudem muss gewährleistet sein, dass die häusliche Pflege durch den ambulanten Pflegedienst sichergestellt ist und der Anbieter seine Pflegeleistungen nicht kurzfristig einstellen kann.

Die Stärkung der Verbraucherrechte bei ambulanten Pflegeverträgen ist auch im Koalitionsvertrag fest verankert. Gemeinsam mit allen zuständigen Ressorts gilt es jetzt, diesen Auftrag umzusetzen.

Weitere Informationen beim Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz

Katarina Barley ist seit März 2018 Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz.
Bildnachweis: Thomas Köhler/photothek