Portrait Portrait Portrait Portrait
Rundruf

Buch mit sieben Siegeln?

Studien belegen es immer wieder: Viele Patienten können die Informationen aus Beipackzetteln für Medikamente nicht richtig einordnen. Lassen sich die Angaben verständlicher formulieren?

<!--XX-FLEX-image_alt

Monika Bachmann, Ministerin für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie des Saarlandes:
Grundsätzlich gilt: Beipackzettel müssen leichter zu verstehen sein. Darum hat das Saarland im Bundesrat einen Antrag eingebracht, der von den Ländern einstimmig angenommen wurde. Mit diesem Antrag, den das Saarland auch auf der 90. Gesundheitsministerkonferenz eingebracht hat, wurde das Bundesministerium für Gesundheit gebeten zu prüfen, ob es zielführend und rechtlich möglich ist, der Packungsbeilage zusätzlich eine leicht verständliche Kurzform dieser Informationen beizufügen. Damit würde der Nutzen dieser wichtigen Informationen vor allem für die Patientinnen und Patienten deutlich erhöht. Wir arbeiten weiter daran, dass Beipackzettel verständlicher werden.

<!--XX-FLEX-image_alt

Professor Dr. Norbert Schmacke, Institut für Public Health und Pflegeforschung:
Dass sehr viel passieren muss, um die Beipackzettel von einer forensisch motivierten Bleiwüste zu einer nützlichen Information des Verbraucherschutzes umzumodeln, ist nicht neu. Die häufig unterbelichtete Frage dabei ist: Woher stammen die Zahlen zu unerwünschten Ereignissen? Das ist für Laien wie für Professionelle schwer zu durchschauen. Die Verbesserung dieser Basis durch die Forschung ist mindestens so wichtig wie die Übersetzung des Kauderwelsch in gut aufbereitete und verständliche Texte und Grafiken.

 

<!--XX-FLEX-image_alt

Dr. Siegfried Thom, Geschäftsführer Forschung des Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa):
Keine Pflichtangabe weglassen, aber unbedingt kurz bleiben – keine Nebenwirkung verschweigen, aber die Patienten auch nicht verwirren: Nicht bei jedem Beipackzettel haben Behörde und Hersteller diesen Spagat überzeugend gemeistert. Aber sie werden besser, konsultieren heute Selbsthilfeorganisationen, gewinnen Patienten als Testleser, gliedern übersichtlicher. Für die älteren Beipackzettel stehen online Übersetzungshilfen bereit. Beipackzettel und Webinformationen noch enger zusammenzuführen – das dürfte den Anwendern künftig am besten helfen.

<!--XX-FLEX-image_alt

Helmut Schröder, stellvertretender Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK:
Vor 13 Jahren hatten wir in unserer Studie „Zu Risiken und Nebenwirkungen: Lesen Sie die Packungsbeilage?“ ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Beipackzettel, hieß es darin, sind für die Verbraucher schwer lesbar, schlecht verständlich und nicht nützlich. Doch wie schnell die Zeit vergeht: Für den Arzneipatienten hat sich nur wenig an der Situation verändert, weil die Gesetzgeber auf europäischer wie nationaler Ebene die Frage hätten beantworten müssen: Wie kann der Spagat zwischen juristischer Absicherung der Pharmahersteller und verständlicher Information gelingen? Denn nur wer gut informiert ist, kann sich gemeinsam mit dem Arzt für eine Therapie entscheiden. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass diese konsequent durchgeführt wird.

Bildnachweis: Tom Gundelwein, privat, vfa, WIdO