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Rundruf

Sollen Kinderlose mehr zahlen?

Wer Kinder hat, zieht Beitragszahler groß, argumentiert  Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Deshalb plädiert er dafür, den Pflegebeitrag für Kinderlose weiter anzuheben. Was meinen Sie?

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Dr. Carola Reimann, Niedersächsische Ministerin für Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz:
Höhere Beiträge diskriminieren Menschen, die ungewollt keine Kinder haben oder sich bewusst gegen Kinder entschieden haben. Sozialversicherungsbeiträge, in denen sich die Bewertung privater Entscheidungen und Lebensumstände in Form unterschiedlicher Beitragshöhen manifestiert, halte ich für falsch. Ich halte es für richtig, Familien zu entlasten – beispielsweise durch beitragsfreie Mitversicherung von Kindern und gebührenfreie Kitas. Im Steuersystem sollte deshalb ein Familiensplitting eingeführt werden, das vor allem Kinder berücksichtigt und nicht den Beziehungsstatus ihrer Eltern.

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Dr. Elisabeth Müller, Bundesvorsitzende des Verbandes kinderreicher Familien Deutschland:
Unsere Kinder werden maßgeblich die künftige Gesellschaft tragen und die künftigen Beitragszahler sein. Eltern mit vielen Kindern sind bereit, finanziell und zeitlich viel zu investieren, um ihre Kinder großzuziehen. Gerade von kinderreichen Familien wird nachweislich weit mehr an den Staat und an die Gesellschaft zurückgegeben, als diese Eltern vom Staat erhalten. Das muss bei den Beiträgen für die Pflegeversicherung und auch für die Rente viel stärker berücksichtigt werden. Nur so wird die Leistungsbewertung in der Gesellschaft wieder fair.

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Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbandes vdk:
Wir lehnen den Vorstoß von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, Kinderlose höhere Beiträge zur Pflegeversicherung zahlen zu lassen, ab. Solche Ideen sind nicht zielführend. Aktuell zahlen Kinderlose beim Pflegeversicherungsbeitrag bereits einen Zuschlag von 0,25 Prozentpunkten und damit mehr als Mütter und Väter. Höhere Beiträge für Kinderlose sind aber keine geeignete Maßnahme, um Familien in der Erziehungsphase zu entlasten. Demgegenüber sollte der steuerfinanzierte Familienleistungsausgleich ausgebaut und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert werden.

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Professor Dr. Nils C. Bandelow, Politikwissenschaftler an der Technischen Universität Braunschweig:
Kurzfristig hat Jens Spahn zumindest das Ziel öffentlicher Aufmerksamkeit erreicht. Politisch ist der Vorschlag aber sowohl in der Form wie auch der Rahmung wenig zielführend: Vor allem das Argument der häufig ungewollten Kinderlosigkeit steht einer ausreichenden Unterstützung in Politik und Öffentlichkeit entgegen. Daher wird der Bundesgesundheitsminister mit dem Vorschlag die Herausforderung nicht lösen, die sich durch den erstmaligen Ausgabenüberschuss der Pflegeversicherung im Jahr 2017 zeigt. Es bleibt zu hoffen, dass Jens Spahn zumindest eine konstruktive Diskussion angestoßen hat.

Bildnachweis: Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz, Verband kinderreicher Familien, vdk, privat