Für Sie gelesen 4

Cover Machine Learning
Künstliche Intelligenz

Algorithmen im Medizinbetrieb

Das Gesundheitswesen droht zum Mangelbetrieb zu werden. Es fehlen Pflegefachkräfte, auf dem Land mangelt es auch am medizinischen Nachwuchs. Wer aktuelle Versorgungslücken beschreiben will, muss mittlerweile Gesundheitsberufe wie etwa die Physiotherapeuten hinzuzählen. Während sich Versorgungsexperten darüber die Haare raufen, reiben sich Technologiekonzerne die Hände. Das Geschäft mit der Gesundheit könnte lukrativ werden. IT-Experten setzen vor allem auf die Künstliche Intelligenz (KI). Das „Machine Learning“ als ein KI-Teilbereich gilt vielen als Innovationsmotor: „Primäres Merkmal maschineller Lernverfahren ist, dass sie einen Computer in die Lage versetzen, aus Erfahrungen zu lernen, um bestimmte Aufgaben zu lösen und Vorhersagen zu treffen, ohne dafür explizit programmiert zu sein.“ In einer digitalen Welt ist das Lernen nicht mehr ein Privileg des Menschen. Diagnostische Fächer wie etwa die Radiologie und die Pathologie gelten als vielversprechende Anwendungsgebiete. Selbstlernende Algorithmen könnten bald Arbeiten abnehmen. Die Medienwissenschaftler Christoph Engemann und Andreas Sudmann geben einen Überblick über die medialen, infrastrukturellen und historischen Voraussetzungen des maschinellen Lernens.
Christoph Engemann, Andreas Sudmann (Hrsg.): Machine Learning – Medien, Infrastrukturen und Technologien der Künstlichen Intelligenz. 2018. 392 Seiten. 32,99 Euro. Verlag Transcript, Bielefeld.

Cover Tugenden
Gesellschaft

Anstiftung zum guten Miteinander

Das Thema Tugenden hat Konjunktur. Auch als Gegenbewegung zu einer aggressiven „Kommunikation“ in den digitalen Netzwerken. Wigbert Tocha lädt mit seiner „Anstiftung für das 21. Jahrhundert“ zur Rückbesinnung auf zweieinhalbtausend Jahre Ringen um ein gedeihliches Miteinander ein. Mit Aristoteles gegen Trump? Ziemlich blauäugig. Gar nicht, findet Tocha: „Das Faszinierende an Tugenden ist, dass sie persönlich und politisch zugleich sind. Es geht immer auch um die Frage nach der gerechten politischen Ordnung und um das Überwinden gesellschaftlicher Spaltung.“ Tocha scheut sich nicht, von aus der Mode gekommenen Begriffen wie Herzensbildung zu sprechen. Das bezieht er durchaus auch auf Entwicklungen in Pflege und Gesundheitswesen. Er hat eine Abneigung gegen Pflegeroboter und warnt vor Digitalisierung, die den Menschen zum Spielball der Technik macht. Sein Buch ist zwar an manchen Stellen arg theoretisch. Dafür wird man immer wieder mit Denkanstößen belohnt. Wer bringt schon den Freiherrn von Knigge mit beißender Gesellschaftskritik in Verbindung? Gute Umgangsformen waren seine Antwort auf eine Verrohung des Bürgertums in der auseinanderfallenden Feudalgesellschaft. Es bleibt nicht das einzige Déjà-vu-Gefühl bei der Lektüre.
Wigbert Tocha: Tugenden. Eine Anstiftung für das 21. Jahrhundert. 2018. 224 Seiten. 22 Euro. Verlag Grünewald, Ostfildern.

Cover Gesundheitskommunikation
Lehrbuch

Grundlagen für den Wissenstransfer

Wachen wir am Morgen erholt auf? Nehmen wir uns am Frühstückstisch einen Apfel? Steigen wir für den Weg zur Arbeit auf das Rad? Schön wär’s, wenn es uns bewusst wäre, wie sehr unser Verhalten unsere Gesundheit beeinflusst. Die Frage, was gesund ist und was nicht, durchzieht unseren Alltag. Nicht selten wissen wir sehr wohl, was uns guttut und was nicht – und greifen doch am Morgen zuerst nach der Zigarette und dem Smartphone. Gesundheitskommunikation und Gesundheitsverhalten sind eng miteinander verknüpft. Die Art und Weise, wie gesundheitliche Themen vermittelt werden, hat in den vergangenen Jahren an Vielfalt gewonnen. Gesundheit ist nicht mehr nur ein Thema in den Zeitschriften, sondern häufig auch auf Online-Foren. Pulsuhren und Apps begleiten uns nicht nur beim Lauftraining, sondern oft auch den ganzen Tag. Nicht immer ist das zum Wohle der Gesundheit. Das exzessive Online-Sein kann Süchte auslösen und manche Website dient eher der Werbung als der Information. Das Forschungsfeld „Gesundheitskommunikation“ ist in den vergangenen Jahren ebenso beträchtlich gewachsen. Der vorliegende Band richtet sich an Studierende und Lehrende der Kommunikations- und Gesundheitswissenschaften und vermittelt Grundlagen und Begriffe des Fachs.
Doreen Reifegerste, Alexander Ort: Gesundheitskommunikation. 2018. 243 Seiten. 24,90 Euro. Nomos Verlag, Baden-Baden.

Cover Männergrippe
Gender

Starkes Geschlecht mit Schwächen

Ein Lob auf die Klischees. Ohne sie wäre unser Alltag bedeutend langweiliger und im Buchmarkt gäbe es weniger zum Lachen. Der Band „Männergrippe“ treibt das Klischee vom Kerl, den in der Regel nichts umhaut, auf die Spitze. Männer, so die Erfahrung der beiden Autorinnen, können endlos Fußball spielen, Bier in Kübeln in sich hineinschütten, Motorsägen bis zur Selbstverstümmelung bedienen, aber eine Körpertemperatur von 37,3 Grad löst bei ihnen immense Befürchtungen aus. Die „tödliche Männergrippe“, kurz TMG, ist zwar – Gott sei Dank – nur ein Gerücht. Aber wenn der Kopf brummt, die Nase schnieft, der Husten reizt und der Hals brennt, bangen Männer um ihr Leben. Zum Arzt gehen sie trotzdem nicht. Aber sie nehmen dankbar den heißen Tee mit Honig an, gucken sentimentale Filme, wünschen sich klein geschnittene Häppchen und wollen von ihren Frauen umsorgt werden. Männer leiden anders. Die Ärztin Dr. Anna Herzog und die Heilprakterin Lucinde Hutzenlaub wenden sich mit ihrem Buch an alle „Leidtragenden“: An die Männer, die im Ernstfall Tee trinken sollen, und an die Frauen, die Baldrian benötigen, um ruhig zu bleiben. Mit Quizfragen, Fallbeispielen und viel Humor räumen die Autorinnen nebenbei medizinische Irrtümer aus dem Weg.
Anna Herzog, Lucinde Hutzenlaub: Männergrippe. 2018. 256 Seiten. 9,95 Euro. Eden Books, Berlin.

Susanne Werner ist freie Journalistin in Berlin.
Thomas Rottschäfer ist freier Journalist mit Schwerpunkt Gesundheitspolitik.