Das Wissen aus der Forschung kommt durch die Vernetzung direkt in die Versorgung der Patienten.
Onkologie

Netzwerk für Lungenkrebs-Patienten

Krebszellen auf Mutationen untersuchen und individuelle Therapien auswählen – damit Patienten mit Lungenkrebs die bestmögliche Behandlung erhalten, unterstützt die AOK die Vernetzung onkologischer Spitzenzentren mit Ärzten und Kliniken. Von Taina Ebert-Rall

Lungenkrebs ist

eine der häufigsten Tumorerkrankungen und die häufigste Krebstodesursache. In Deutschland erkranken jährlich rund 56.000 Menschen an einem Lungenkarzinom. Die Diagnose wird in den meisten Fällen erst spät gestellt. Eine komplette Tumorentfernung ist dann oftmals nicht mehr möglich.

Für diese Patientinnen und Patienten war die Chemotherapie über Jahrzehnte hinweg die einzig mögliche medikamentöse Therapie. Deren Wirksamkeit war aber eher unbefriedigend. Seit einigen Jahren gibt es nun durch die Präzisionsmedizin einen echten Fortschritt.

Noch profitieren zu wenige Patienten.

„Bei einigen Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkrebs haben die Tumoren Veränderungen im Erbgut, die das Wachstum des Karzinoms anfeuern, sogenannte Treibermutationen“, erläutert der Arzt Dr. Gerhard Schillinger, Leiter des Stabs Medizin im AOK-Bundesverband.

Für die Hemmung einiger dieser Treibermutationen gibt es seit ein paar Jahren zugelassene Medikamente, die den Patienten mit Lungenkrebs einen Überlebensvorteil von ein bis zwei Jahren, bei sequenzieller Therapie sogar bis zu fünf Jahren bringen können.

Allerdings zeigen Daten der Krankenkassen, dass das stetig wachsende Wissen noch immer viel zu langsam in der Praxis ankommt. Von Patienten mit neu aufgetretenem und mit Chemotherapie behandeltem Lungenkrebs erhalten beispielsweise nur etwa 50 bis 70 Prozent personalisierte Arzneimittel gegen EGF-Rezeptor-Mutationen – und dies zehn Jahre nach Zulassung dieser Medikamente.

Kooperation mit Spitzenzentren.

Deshalb kooperieren AOKs mit onkologischen Spitzenzentren, die sich zum nationalen Netzwerk Genomische Medizin zusammengeschlossen haben. Darin arbeiten die Spitzenzentren mit Krankenhäusern und onkologischen Praxen zusammen.

Im Kern geht es in den Versorgungsverträgen der AOKs darum, dass Tumorproben von Patienten mittels hochmoderner molekularer Diagnostik von Experten an einem der onkologischen Spitzenzentren untersucht werden. Dabei ist, so Schillinger, die besonders hohe Qualität der molekulargenetischen Diagnostik entscheidend dafür, ob Patienten die optimale Therapie erhalten.

Moderne Verfahren ermöglichen es zudem, mit einer einzigen Probe die Krebszellen auf alle relevanten Mutationen hin zu untersuchen. Das erspart den Patienten oft eine weitere Probenentnahme und das damit verbundene Risiko. Anschließend beraten die Spezialisten für die personalisierte Lungenkrebsbehandlung aufgrund der molekularpathologischen Befunde die behandelnden Ärzte zur bestmöglichen Therapie.

Dass eine solche Netzwerkbildung funktioniert, hat das nationale Netzwerk Genomische Medizin an der Universität zu Köln in Kooperation mit der AOK Rheinland/Hamburg und weiteren Krankenkassen bereits unter Beweis gestellt. Nun wird dieses Netzwerk bundesweit ausgerollt. Den Aufbau der hierfür notwendigen Strukturen hat die Deutsche Krebshilfe durch die Förderung des Projekts ermöglicht.

Mehr Lebenszeit.

Für die Patienten bedeutet die so verbesserte Versorgung gewonnene Lebensjahre. Und sie können durch die Vernetzung ihrer Ärzte mit den Spitzenzentren in der Nähe ihrer Familie und Freunde behandelt werden. Da die Behandlungsdaten erfasst werden, wird zudem dafür gesorgt, dass das Wissen über die bestmögliche Behandlung weiter zunimmt. Bisher haben die AOKs Bayern, Bremen, Hessen, Niedersachsen, NordWest und Rheinland/Hamburg mit dem Netzwerk einen Vertrag geschlossen, weitere Gesundheitskassen wollen demnächst beitreten.

Weitere Informationen über das nationale Netzwerk Genomische Medizin Lungenkrebs

Taina Ebert-Rall leitet die Stabsstelle PR-Gesundheitswesen im Ressort Aktuelles und Internet beim KomPart-Verlag.
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