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Rundruf

Geld für neue Antibiotika?

Angesichts von immer mehr Resistenzen sind neue Antibiotika notwendig, die maßvoll eingesetzt werden müssen. Sollte es einen Anreiz für die Forschung in Form einer Sondervergütung geben?

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Dr. Siegfried Throm, Geschäftsführer Forschung des Verbands forschender Pharma-Unternehmen (vfa):
Mehr als 40 neue Antibiotika werden derzeit von Unternehmen entwickelt. Aber die Medizin braucht mehr. Das Problem: Neue Antibiotika sollen restriktiv eingesetzt werden, damit sie lange wirksam bleiben. Wer neue Antibiotika entwickelt, weiß also, dass er kaum jemals die Forschungskosten kompensieren kann. Das wirkt wie eine eingebaute Handbremse. Die Politik sollte den Mut haben, sie zu lösen und einen Anreiz zum Beispiel in Form einer Prämie für die erfolgreiche Entwicklung dringend benötigter Antibiotika setzen.

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Erwin Rüddel (CDU), Vorsitzender des Gesundheitsausschusses des Bundestages:
Antibiotika-Resistenzen sind ein ernst zu nehmendes Problem. Deswegen brauchen wir einen Maßnahmenmix. Ich kann mir auf der einen Seite eine Überprüfung der Rabattverträge und eine Forschungsförderung vorstellen, wünsche mir aber gleichzeitig, dass eine stärkere Sensibilisierung der Medizin auf Hygiene stattfindet und vermieden wird, Patienten unnötig Antibiotika zu verschreiben. Resistenzen können auch entstehen, wenn die antibiotische Behandlung zu früh abgebrochen wird. Eine gute Arzt-Patienten-Kommunikation ist deshalb wichtig.

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Helmut Schröder, stellvertretender Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO):
Die Industrie konzentriert sich bei der Forschung auf Wirkstoffe, mit denen höhere Umsätze erzielt werden können. Angesichts eines vierprozentigen Anteils Deutschlands am weltweiten Arzneiumsatz wird eine nationale Regelung nicht zu mehr innovativen Antibiotika führen. Effizienter wäre eine öffentliche Förderung für die universitäre Forschung nach innovativen Antibiotikawirkstoffen mit neuen Angriffsmechanismen. Für deren zielgenauen und maßvollen Einsatz könnten Lizenzierungsmodelle mit den Herstellern ausgehandelt werden. Bis dahin sollten die einstigen Wunderwaffen durch zu häufige Verordnungen nicht noch stumpfer gemacht werden.

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Professor Dr. Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender der Arznei­mittelkommission der deutschen Ärzteschaft:
Die Forschung zu neuen Antibiotika für die Behandlung resistenter Keime wird von Big Pharma – vorwiegend aus ökonomischen Gründen – sträflich vernachlässigt. Dabei ist die rasche Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen heute ein weltweites Problem, das durch Deklarationen und Allianzen nicht gelöst werden kann. Kooperationen von Wissenschaftlern und Pharmaunternehmen, Verpflichtung zur gegebenenfalls staatlich unterstützten Forschung und finanzielle Anreize sind dringend erforderlich, um künftig zu verhindern, dass jährlich allein in Europa mehr als 30.000 Menschen an lebensgefährlichen Infektionen durch resistente Keime versterben.

Bildnachweis: vfa, Bundestag, AOK-Mediendienst, AkdÄ