Videosprechstunde und mehr: Der BMC-Kongress bietet eine breite Themenpalette.
Kongress

Plattform für frische Ideen

Telemedizin, Health Literacy, Qualität – der Jahreskongress des Bundesverbandes Managed Care (BMC) bietet Impulse für die Gesundheitsversorgung von morgen, vor Ort in Berlin und Corona-bedingt auch in digitalen Formaten. Von Thorsten Severin

Gute Erfahrungen

haben die Organisatoren vergangenes Jahr beim zehnten Kongress damit gemacht, die Veranstaltung in Berlin nicht unter ein bestimmtes Motto zu stellen. „Wir wollen eine Plattform sein für einen bunten Strauß an Themen“, erläutert der BMC-Vorsitzende, Professor Volker Amelung. Zum Selbstverständnis des Vereins gehöre es, verkrustete Strukturen aufzubrechen und zum Nachdenken anzuregen, ergänzt Geschäftsführerin Dr. Patricia Ex. Und auch, wenn durch Corona vieles anders ist (85 Prozent der Sessions werden nur virtuell zu sehen sein), so soll es kein „Corona-Kongress“ werden. Im Mittelpunkt soll vielmehr all das stehen, was in nächster Zeit die gesundheitspolitische Agenda beherrschen wird.

Debatte über Ineffizienzen.

Ganz sicher ist sich Amelung etwa, dass nach der Bundestagswahl im Herbst nächsten Jahres das Thema Kostendämpfung nach mehr als zehn Jahren wieder auf die Tagesordnung kommen wird. Schon aktuell sehen die Kassenfinanzen nicht gerade rosig aus. „Daher sollten wir uns jetzt überlegen: Wo können wir Effizienzen heben?“ 20 Jahre sei im nächsten Jahr die Debatte über Unter-, Über- und Fehlversorgung alt. Doch die vergangenen Jahre seien vielleicht zu bequem gewesen, um hierzu Schlussfolgerungen zu ziehen, meint Amelung. Ineffizienzen jedenfalls gebe es mehr als genug. „Wenn man im Gesundheitssystem sparen will, dann sind die vermeidbaren Krankenhausaufenthalte mit Abstand der größte Block.“ Für den Hannoveraner Gesundheitsökonomen muss es darüber hinaus um den effizienten Umgang mit Arzneimitteln wie auch mit der „Ressource Arztzeit“ gehen – also um die Delegation und Substitution von Leistungen. Effizienzen im System seien immer ein Puzzle aus vielen unterschiedlichen Ansätzen. „Das ist eine mühselige Kleinarbeit und viel anstrengender als zu sagen: Wir machen einen Zwangsrabatt von x Prozent.“  

Corona als Stresstest.

Doch ohne Corona wird es bei der Veranstaltung am Ende nicht gehen, denn letztlich sei die Pandemie ein „Stresstest für die Leistungsfähigkeit eines Gesundheitssystems“, sagt Ex. „Wir möchten die Pandemie als Chance begreifen.“ So bringe Covid-19 durchaus auch positive Veränderungen mit sich, wenn etwa jetzt auf viele Dienstreisen verzichtet und so mehr Zeit generiert werde. Doch auf der anderen Seite werde sich vieles wieder verflüchtigen, was Corona gebracht habe. „Nehmen wir die Videosprechstunden: Im Moment haben es Ärzte vielleicht ganz gerne, wenn Patienten bei ihnen nicht aufschlagen. Aber es gibt keinerlei Geschäftsmodell für diese Art von Videosprechstunden“, betont Amelung. Daher komme es darauf an, sich in vielen Bereichen jetzt Gedanken zu machen: „Was braucht es, damit Geschäftsmodelle funktionieren?“

Wie in den vergangenen Jahren will der BMC bei der Veranstaltung, bei der G+G Medienpartner ist, nicht nur Referenten präsentieren, die ohnehin von Tagung zu Tagung unterwegs sind. Stattdessen setzen Ex und ihr Team auf besondere Highlights. „Es besteht immer die Gefahr, dass man in seinen eigenen Denkmustern herumschwirrt. Das wollen wir auf jeden Fall vermeiden.“

Keynotes aus London und Kanada.

Zum Auftakt am 19. Januar wird Professorin Ellen Nolte von der London School of Hygiene & Tropical Medicine sprechen. Eher ungewöhnlich für einen Gesundheitskongress ist der Auftritt von Klaus Bürg, Managing Director von Amazon Web Services. „Niemand beherrscht Prozesse vermutlich so wie Amazon“, sagt Amelung. „Da können wir im Gesundheitssystem mit Sicherheit viel lernen.“ Am Eröffnungstag wird auch Katharina Jünger dabei sein, deren „Tele­clinic“ als Paradebeispiel für ein erfolgreiches Start-Up gilt. Zum Finale freut sich Amelung auf ein Panel mit Professor Henry Mintzberg aus Kanada, der ihn vorab ein wenig ins Schwärmen bringt: „Mit seinen 81 Jahren ist er ein absoluter Management-Guru.“

Thorsten Severin ist Redakteur der G+G.
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