Einwurf

Ein offenes Ohr für Sorgen

Zukunftsängste, Einsamkeit oder Konflikte mit den Eltern – in der Pandemie brauchen Kinder und Jugendliche leicht erreichbare Beratungsangebote, sagt Familienministerin Franziska Giffey. Zum Beispiel: die „Nummer gegen Kummer“.

Porträt von Franziska Giffey, Familienministerin

Das Telefon klingelt.

„Hallo. Ich habe das Gefühl, dass mir gerade alles zu viel wird. Ich komme in der Schule nicht mehr mit und meine Noten werden immer schlechter. Ich habe Angst, dass ich nicht versetzt werde und meine Freunde verliere. Mit meinen Eltern kann ich darüber nicht sprechen. Sie streiten sehr oft, auch wegen mir. Ich weiß nicht, was ich machen soll.“ So oder so ähnlich kann es klingen, wenn sich ein Kind oder Jugendlicher an die Beratung der „Nummer gegen Kummer“ wendet.

Gerade in Krisenzeiten wie jetzt sind leicht erreichbare Beratungsangebote wie die „Nummer gegen Kummer“ wichtig. Etwa 10.000 Anrufe pro Woche haben die Beraterinnen und Berater im Frühjahr 2020 nach dem Ausbruch der Coronavirus-Pandemie in Deutschland entgegengenommen. Hier treffen junge Rat- und Hilfesuchende auf Verständnis, sie können sich aussprechen, und im Gespräch wird gemeinsam nach möglichen Lösungen gesucht.

Seit nunmehr 40 Jahren haben ehrenamtliche Beraterinnen und Berater der „Nummer gegen Kummer“ bereits ein offenes Ohr für die Sorgen und Ängste junger Menschen. Die Nummer gegen Kummer ist damit eines der ältesten telefonischen Beratungsangebote weltweit. Sowohl am Kinder- und Jugendtelefon als auch in der Online-Beratung finden junge Menschen Rat, Hilfe, Trost und Unterstützung – zum Beispiel, wenn das Vertrauen zu Eltern oder Lehrkräften gering oder der Weg in die nächste Beratungsstelle zu weit ist. Die garantierte Anonymität bietet den Ratsuchenden den nötigen Schutz. Dort können sie auch stark schambesetzte, tabuisierte und schwierige Themen ansprechen.

Die garantierte Anonymität bietet den Ratsuchenden den nötigen Schutz.

Seit der Coronavirus-Pandemie geht es in den Gesprächen vermehrt um Zukunftsängste, Einsamkeit, die eigene psychische Stabilität oder Konflikte in der Familie. Um die Familien in Deutschland – Eltern, Kinder und Jugendliche – in der aktuellen Situation noch mehr zu unterstützen, hat das Bundesfamilienministerium die bestehenden telefonischen und Online-Beratungsangebote zu Beginn der Pandemie im März deutlich ausgeweitet. Wir haben Werbung in sozialen Netzwerken geschaltet, um die Angebote bekannter zu machen. Unsere Postwurfsendung „Starke Nerven … brauchen auch mal Unterstützung!“ wurde bundesweit an fünf Millionen Haushalte versendet. Und das hat Wirkung gezeigt, was sich an den Nutzungszahlen der unterschiedlichen Angebote gezeigt hat.
 
Nicht nur Kinder und Jugendliche bekommen bei der „Nummer gegen Kummer“ Hilfe. Auch Mütter, Väter, Großeltern und andere Erziehende haben die Möglichkeit, anonym über ihre Sorgen im Zusammenhang mit der Entwicklung der Kinder zu sprechen. Sie berichten beispielsweise: „Meine Tochter ist 14 und wir kommen überhaupt nicht mehr miteinander zurecht. Ich weiß nicht, wie ich noch an sie herankommen soll.“ Mit dem Elterntelefon steht ihnen ein qualifiziertes, kostenloses und thematisch offenes Beratungsangebot zur Verfügung.
 
Seit Beginn der Pandemie gibt es vermehrten Gesprächsbedarf zur Betreuungssituation der Kinder, zu Konflikten in der Familie und Gefühlen der Verunsicherung oder Überforderung. Es ist wichtig, dass insbesondere belastete Familien Unterstützung erhalten. In diesem Fall verweisen die Beraterinnen und Berater an weiterführende Angebote wie die Frühen Hilfen. Studien zeigen, dass der Kontakt zu belasteten Familien aufrechterhalten oder sogar intensiviert werden sollte, auch dann, wenn persönliche Kontakte nicht erlaubt oder möglich sind.
 
Die Beratungsangebote der „Nummer gegen Kummer“ werden seit vielen Jahren vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert: das Elterntelefon (0800-111 0 550), das Kinder- und Jugendtelefon (116 111) und auch die Onlineangebote E-Mail und Chat (www.nummergegenkummer.de) für Kinder und Jugendliche. Als Bundesfamilienministerin ist mir wichtig, jungen Menschen und Familien zu zeigen: Wir sind für Euch da – gerade jetzt.

Franziska Giffey ist seit März 2018 Bundes­ministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
Bildnachweis: Bundesregierung/Jesco Denzel