Die podologische Behandlung von Diabetikern kann gefährliche Folgeerkrankungen verhindern.
Diabetes-Patienten

Füße in guten Händen

Der neue Heilmittelbericht macht deutlich: Immer mehr Patienten, die an Diabetes erkrankt sind, erhalten eine podologische Behandlung. Zugleich ist die Rate an Amputationen bei Diabetespatienten zurückgegangen. Von Andrea Waltersbacher

Über drei Millionen

AOK-Versicherte waren im Jahr 2019 an Diabetes mellitus erkrankt. Das sind knapp zwölf Prozent. Eine gefürchtete Komplikation ist das diabetische Fußsyndrom. Ein jahrelang erhöhter Blutzuckerspiegel kann zu Durchblutungsstörungen und zu Schädigungen an den Nerven der Füße führen (Neuropathie). In der Folge kann es – oftmals zunächst unbemerkt – zu Haut- und Nagelveränderungen kommen, sodass sich kleinste Verletzungen infizieren und zu Geschwüren entwickeln können. In besonders schwerwiegenden Fällen des diabetischen Fußsyndroms drohen eine Amputation oder Teilamputation des Fußes oder des Unterschenkels. Knapp ein Drittel (32,1 Prozent) der AOK-versicherten Diabetes-Patienten litt im vergangenen Jahr unter Neuropathien, einem diabetischen Fuß-Syndrom oder an beidem. Dies geht aus dem neuen Heilmittelbericht des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) hervor.

Fachleute behalten die Füße im Blick.

Diabetes-Patienten steht ein strukturiertes Behandlungsprogramm zum Umgang mit der Erkrankung zur Verfügung (Disease-Management-Programm). In die Behandlung sind neben dem Hausarzt auch Podologen eingebunden. Während der Arzt schwerwiegende Schädigungen von Haut und Muskelgewebe behandelt, kommen Podologen zum Einsatz, wenn es um das fachgerechte Abtragen von krankhaften Hornhautverdickungen oder um die Pflege von veränderten Fußnägeln geht. Auch informieren sie über die richtige Pflege von Haut und Nägeln und geben Tipps zum Schuhwerk und zu einem fußfreundlichen Verhalten.

Podologen behandelten 2019 mehr als 372.000 Diabetiker. Zusammen nahmen diese Patienten rund 2,67 Millionen mal an einer Sitzung zur Kontrolle und Pf­lege ihrer Füße teil. Das entspricht etwa 841 Behandlungen je 1.000 Diabetiker (Männer 814 und Frauen 867 Behandlungen je 1.000). Jeder Diabetes-Patient hat 2019 durchschnittlich 7,2 podologische Behandlungen verordnet bekommen. Die individuelle Inanspruchnahme variiert aber nach Schweregrad der Schädigung: Ein Fünftel der Patienten geht monatlich in die podologische Praxis oder sogar häufiger.

Heilmittelbericht 2020. Herausgegeben vom Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO). Download

Podologische Leistungen sind im Jahr 2002 in den Heilmittelkatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen worden. Die Zahl der podologischen Praxen ist im Laufe der Jahre auf rund 5.700 angestiegen. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in der Behandlungs­rate wider: Im Jahr 2009 wurden 67,6 je 1.000 AOK-Versicherte mit Diabetes mellitus podologisch behandelt, im Jahr 2019 waren es bereits 117,4 je 1.000 AOK-versicherte Diabetiker. Das entspricht einem Anstieg von 74 Prozent.
 
Dies ist sicherlich auch ein Erfolg der Disease-Management-Programme Diabetes, deren Teilnehmerzahl in diesem Zeitraum um knapp ein Viertel (24,1 Prozent) gestiegen ist. Gleichzeitig ist die Rate der von Amputationen oder Teil­amputationen betroffenen Diabetes-Patienten um 15,5 Prozent zurückgegangen (2009: 5,3 je 1.000 AOK-versicherte Diabetiker, 2019: 4,5 je 1.000).

Praxisleitfaden für die Teams vor Ort.

Rund 14.200 Diabetes-Patienten waren 2019 dennoch von Amputationen be­troffen. Um die Zahl künftig weiter zu senken, unterstützt die AOK Ärzte und Praxisteams mit dem kostenlosen Leit­faden „DMP erfolgreich umsetzen“. Er enthält praktische Hinweise zur Fuß­untersuchung und zur Verordnung podologischer Behandlungen.

Andrea Waltersbacher ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsbereich Betrieb­liche Gesundheitsförderung, Heilmittel und ambulante Bedarfsplanung des Wissenschaft­lichen Instituts der AOK (WIdO).
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