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Rundruf

Pflege vor dem Kollaps?

Nicht erst seit der Corona-Krise stoßen ambulante Pflegekräfte an ihre Belastungsgrenzen. Wie lässt sich die häusliche Pflege in und nach der Pandemie stärken?

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Andreas Westerfellhaus, Pflegebevollmächtigter der Bundesregierung:
Das Impfangebot für ambulante Pflegekräfte muss zügig ausgebaut werden, damit sie und die Pflegebedürftigen vor Covid-19 geschützt sind. Wichtig ist, dass sie zeitnah und unkompliziert einen Impftermin erhalten – am besten während der Arbeitszeit mit Kollegen zusammen vor Ort. Aber unabhängig von der Corona-Pandemie braucht es neben einer fairen Entlohnung vor allem gute, familienfreundliche Arbeitsbedingungen und mehr Autonomie im beruflichen Handeln, damit sie gerne in ihrem gewählten Beruf bleiben und sich auch zukünftig genügend Menschen für einen spannenden und professio­nellen Pflegeberuf entscheiden.

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Prof. Christel Bienstein, Präsidentin des Deutschen Berufs­verbandes Pflegeberufe (DBfK):
Beruflich Pflegende in der Langzeitpflege benötigen ausreichend Schutzausrüstung – insbesondere FFP-2-Masken. Außerdem müssen sie bevorzugt und unkompliziert Zugang zur Impfung bekommen. Der aktuelle Mehrbedarf an Versorgung bei gleichzeitigem Zeitmangel belastet die Pflegenden stark. Unterstützungsangebote wie Supervisionen, die während der Arbeitszeit in Anspruch genommen und den Diensten refinanziert werden, wären eine richtige Maßnahme. Auch beruflich Pflegende brauchen zuverlässige Angebote für die Versorgung der eigenen Kinder und pflegebedürftigen Angehörigen.

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Dr. Katharina Graffmann-Weschke, Leiterin der Pflege-­Akademie der AOK Nordost:
Während Pflegeheime in der Pandemie im Fokus stehen, wird die ambulante Pflege fast vergessen. Doch drei von vier Pflegebedürftigen werden zu Hause betreut. Damit dies weiter funktioniert, müssen Pflege­bedürftige und ihre An- und Zugehörigen schnellstmöglich geimpft werden. Wichtig sind einheitliche Informationen, die Sicherheit geben. Die AOK Nordost berät das Kriseneinsatzteam des Berliner Senats in der Corona-Krise. Ambulante Pflege ist bedeutsam für unsere Gesellschaft. Pflegedienste sowie pflegende Angehörige, Freunde und Nachbarn meistern die Situation auf beeindruckende Weise gemeinsam.

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Prof. Dr. Gabriele Meyer, Leiterin des Instituts für Gesund­heits- und Pflegewissenschaft an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg:
Ambulant Pflegende gehen fast unbemerkt, aber mit neuen Routinen, ihrer Tätigkeit nach. Von Burnout ist bei meiner kleinen Recherche mit fünf Diensten in zwei Bundesländern nicht die Rede, aber von Herausforderung durch Testpflicht, Arbeiten mit FFP2-Maske, mehr Gesprächsbedarf verunsicherter Klienten. Leitungen sind besorgt über Impfablehnung und das Herunterspielen der Corona-Gefahr einiger Pflegender bei gleichzeitig fehlender hochwertiger Information. Verlässliche wissenschaftsbasierte Informationen, die eine rationale und verantwortungsvolle Haltung fördern, stärken ambulant Pflegende.

Bildnachweis: Holger Gross, DBfK, AOK Nordost, Deutscher Ethikrat/Reiner Zensen