Gesundheitsversorgung

Vereint gegen den Krebs

Gestützt auf neue Technologien und Forschungsmethoden will die EU-Kommission die Behandlung von Krebserkrankungen sowie die Vor- und Nachsorge verbessern. Europas Plan gegen den Krebs bündelt Initiativen und Projekte. Von Thomas Rottschäfer

Nach Angaben

der EU-Kommission diagnostizierten im Jahr 2020 Ärzte bei 2,7 Millionen Menschen Krebs. 1,3 Millionen Menschen sind daran gestorben. Für Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist deshalb „der Kampf in Europa gegen Krebs unser aller Kampf“. Ohne Gegensteuern sei ein Anstieg der Krebsfälle bis zum Jahr 2035 um 25 Prozent zu befürchten. Krebs drohe damit zur häufigsten Todesursache in der Staatengemeinschaft zu werden, warnte von der Leyen bei der Vorstellung des „Europä­ischen Krebsplans“ im Februar.

Investitionen in Milliardenhöhe.

Die Krebsbekämpfung soll eine wesentliche Säule der neuen Gesundheitsunion werden, eng verflochten mit der EU-Pharmastrategie. Das Konzept aus Brüssel sieht in den Kernbereichen Investitionen im Umfang von rund vier Milliarden Euro vor, davon stammen 1,5 Milliarden Euro aus dem aufgestockten Gesundheitsbudget „EU4Health“.
 
EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides hat besonders Länder mit einer schwächeren Gesundheitsversorgung im Blick. Denn bisher variieren zum Beispiel die Brustkrebs-Überlebensraten in den einzelnen EU-Staaten um bis zu 20 Prozent. Die Fünf-Jahres-Überlebensrate bei Brustkrebs reicht nach Zahlen der Brüsseler Kommission von 49 bis 68 Prozent.
 
Ein neues „Wissenszentrum für Krebs“ soll jetzt die unterschiedlichen wissenschaftlichen und technischen Initiativen auf europäischer Ebene koordinieren. So will die Kommission den Umfang und die Qualität der Krebsfrüherkennung sowie den Zugang zu einer hochwertigen medizinischen Nuklear- und Strahlen­diagnostik verbessern. Das Ziel: Bis zum Jahr 2025 sollen in der EU 90 Prozent der Vorsorgeberechtigten eine Brustkrebs-, Gebärmutterhalskrebs- und Darmkrebs-Früherkennung angeboten bekommen. Ebenfalls 90 Prozent der Betroffenen sollen bis 2030 Zugang zu nationalen onkologischen Spitzenzentren haben, die über die EU-Referenznetzwerke miteinander verbunden sind.  

Mehr HPV-Impfungen.

Um durch Infektionen verursachte Krebserkrankungen zu verhindern, sieht der Plan vor, dass bis zum Jahr 2030 mindestens 90 Prozent der Mädchen gegen Humane Papillomviren (HPV) geimpft werden, die Gebärmutterhalskrebs verursachen können. Bei den Jungen sollen die Impfraten deutlich erhöht werden. Außerdem will die Kommission mit der Initiative „Hilfe für Kinder mit Krebs“ Früherkennung, Dia­gnose, Behandlung und Versorgung für junge Patienten optimieren.

Über Ziele, Initiativen und Projekte des europäischen Plans zur Krebsbekämpfung informiert die EU-Kommission.

Kyriakides hat auch die Lebensqualität von Krebskranken und Krebsüberlebenden im Blick. Geplant sind Maßnahmen für eine bessere Rehabilitation und Nachsorge. Auch sollen Projekte zur sozialen Integration und Wiedereingliederung von Krebspatienten in den Beruf starten. Außerdem will die Kommission durch mehr Gesundheitsaufklärung erreichen, dass bis zum Jahr 2040 in den 27 Mitgliedstaaten weniger als fünf Prozent der Menschen rauchen. Im Fokus stehen auch die Krebs-Risikofaktoren Alkoholkonsum und Umweltverschmutzung sowie der beruflich bedingte Umgang mit gefährlichen Stoffen. Und mit der Kampagne „HealthyLifestyle4All“ will Brüssel für gesündere Ernährung und mehr Bewegung werben.

Durch Corona verzögert.

Die Kommis­sion hatte die Krebsbekämpfung Ende 2019 zu einer vorrangigen Aufgabe der Legislaturperiode erklärt. Das Projekt ist eine Herzensangelegenheit der Gesundheitskommissarin. Kyriakides hat selbst eine Krebserkrankung überstanden und in ihrer Heimat Zypern entsprechende Gesundheitsprogramme initiiert. Bereits vor einem Jahr fand im Europaparlament eine Auftaktveranstaltung zum EU-Krebsplan statt. Doch die Corona-Krise verzögerte auch dieses Projekt und blieb nach Darstellung der Gesundheitskommissarin nicht ohne Folgen für die Krebsversorgung: „Behandlungen wurden abgebrochen, Diagnosen und Impfungen haben sich verzögert und der Zugang zu Arzneimitteln wurde behindert.“

Thomas Rottschäfer ist freier Journalist mit dem Schwerpunkt Gesundheitspolitik.
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