Interview

„BGF kann den Pflexit verhindern“

Betriebliche Gesundheitsförderung ist ein zentraler Baustein bei der Rückkehr in den Pflegeberuf. Werner Winter vom Fachprojekt „BGF in der Pflege“ im AOK-Bundesverband stellt dar, worauf es dabei ankommt.

Herr Winter, viele Pflegekräfte steigen vorzeitig aus dem Beruf aus. Inwiefern kann Gesundheitsförderung daran etwas ändern?

Werner Winter: Für den sogenannten Pflexit gibt es viele Gründe. Der Pflegekräftemangel erhöht die Arbeitsdichte. Zusammen mit der hohen Verantwortung und den beträchtlichen körperlichen und psychischen Belastungen in der Pflege kann dies zu einem vorzeitigen Berufsausstieg führen. Eine systematische Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) setzt an den Bedingungen an. Aufbauend auf betriebsspezifischen Analysen werden Ansätze einer gesunden Arbeits- und Organisationskultur entwickelt sowie der wertschätzende und respektvolle Umgang miteinander gefördert. Gleichzeitig unterstützen Trainingsmaßnahmen die Beschäftigten dabei, ihre individuelle Gesundheitskompetenz auszubauen. BGF steigert die Attraktivität der Arbeitgeber und kann den Pflexit verhindern.

Porträt von Werner Winter vom Fachprojekt „BGF in der Pflege“ im AOK-Bundesverband

Zur Person

Werner Winter arbeitet im Fachprojekt „BGF in der Pflege“ im AOK-Bundesverband.

Worauf kommt es an, damit Pflegekräfte von BGF profitieren?

Winter: In erster Linie sollten Pflegekräfte die Möglichkeit haben, sich aktiv am Prozess der BGF, also an allen Planungen und Entscheidungen, zu beteiligen. Viele gesundheitsbelastende Faktoren sind von außen nicht oder nur schwer erkennbar. Das Erfahrungswissen der Beschäftigten ist hier von enormer Bedeutung. Sind Pflegefachkräfte stark einbezogen, ist die Akzeptanz der Angebote zudem deutlich höher.

Welche Wege beschreitet die AOK in der BGF?

Winter: Die AOK unterstützt Pflegeinstitutionen bei der Einführung und Umsetzung von BGF. Erfahrene Expertinnen und Experten stimmen wissenschaftlich erprobte Angebote auf die Situation der Einrichtung ab und beraten in allen Phasen des Prozesses. Während der Pandemie hat die AOK die BGF um digitale und telefonische Angebote erweitert. Dazu gehören Corona-bezogene Informationen zur Prävention über die digitale Lernplattform „AOK-Pflegemediathek“ ebenso, wie Online-Beratungen, digitale und telefonisch begleitete Lernprogramme zur Resilienzstärkung, zur gesunden Führung und zum Führungskräftecoaching in Krisensituationen.  

Welche Erfolge verzeichnet die AOK bei der BGF in der Pflege?

Winter: 2019 haben bundesweit knapp 1.600 Pflegeeinrichtungen unsere Angebote wahrgenommen. Insgesamt haben rund 3.500 Analysen arbeitsbedingter Gesundheitsbelastungen und über 5.300 Trainingsmaßnahmen stattgefunden. Spitzenreiter sind dabei Stressbewältigung und Entspannung sowie ergonomisch günstiges Arbeiten. Aktuelle Untersuchungen weisen auf die wachsende Bedeutung von Angeboten zur psychosozialen Entlastung und zum Thema Gesundes Führen hin. Dies zeigt, dass wir mit der BGF in der Pflege auf dem richtigen Weg sind.

Änne Töpfer führte das Interview. Sie ist verantwortliche Redakteurin der G+G.
Bildnachweis: privat