Digitalisierung hilft, die Gesundheitsversorgung zu den Menschen zu bringen.
Symposium

Digitale Potenziale für die Gesundheit

Fragmentierte Sektoren, fehlende Vernetzung – Schwachstellen des Gesundheitssystems lassen sich digital überwinden. Auf dem 1. Hessischen Gesundheitsforum ging es deshalb um die Nutzung entsprechender Technologien. Von Fabian Obergföll

Es müssen viel mehr Daten

geteilt werden, um besser heilen zu können. So lautet ein Fazit des 1. Hessischen Gesundheitsforums. Die Veranstaltung, zu der die AOK Hessen eingeladen hatte, fand als Livestream statt. In einer Videobotschaft meldete sich Schirmherr Kai Klose, Sozialminister in Hessen, zu Wort: „Die Corona-Pandemie hat uns gezeigt, dass wir mit gemeinschaftlichem Handeln auch kurzfristig große Fortschritte bei der Versorgungslage erreichen können.“ Das bekräftigte Detlef Lamm, Vorstandsvorsitzender der AOK Hessen: „Wir möchten darüber ins Gespräch kommen, wie wir die gesundheitliche Versorgung und die Pflege der Zukunft gestalten können und wie wir das gemeinsam tun können. Denn niemand kann diese Herausforderungen auch nur ansatzweise alleine bewältigen.“

Daten fürs Patientenwohl nutzen.

Professor Ferdinand M. Gerlach, Vorsitzender des Sachverständigenrates Gesundheit, legte den Finger in die Wunde: Das deutsche Gesundheitswesen sei eines der teuersten in der Europäischen Union, die Lebenserwartung nicht entsprechend hoch, die Sektoren fragmentiert, und es gebe unverbundene Parallelstrukturen. Gleichwohl stehe das Land noch am Anfang der Digitalisierung. Künstliche Intelligenz und Big Data würden zu wenig genutzt – obwohl damit Leben gerettet und verlängert werden könnten. Gerlach kritisierte einen Datenschutz alter Prägung, der nur auf Datensparsamkeit und enge Zweckbindung setze. „Wir möchten die Verhältnisse vom Kopf auf die Füße stellen. In einem Gesundheitsdatennutzungsgesetz sollte verankert werden, dass jeder Patient ein Anrecht darauf hat, dass seine Daten optimal für sein Patientenwohl genutzt werden“, so Gerlach.

Im Hinblick auf die Zukunft der Pflege betonte Andreas Westerfellhaus, Pflegebevollmächtigter der Bundesregierung, dass Lösungswissen für die bestehenden Probleme zu Genüge vorhanden sei. Nun sei es an der Zeit, die unterschiedlichen Perspektiven zu vergleichen und verbindliche Entscheidungen zu treffen. Es müsse zudem mehr in die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung investiert werden. Westerfellhaus wünschte sich mehr Mut, Neues auszuprobieren: „Ich erlebe bei vielen Gesprächen in den Ländern, welche guten Pilotprojekte auf den Weg gebracht wurden. Ich bin ratlos, warum es keine bessere Vernetzung gibt.“

Strukturen verbessern.

Wie hochwertige und effiziente Versorgungsstrukturen erreicht werden können, diskutierten die Referenten mit Frank Dastych, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen, und Professor Steffen Gramminger, Geschäftsführender Direktor der Hessischen Krankenhausgesellschaft. „Wir müssen zusammenarbeiten und sektorenübergreifend die Strukturen verbessern“, so Gramminger. Dastych ergänzte: „Wenn wir Strukturreformen angehen, muss man den Politikern sagen, dass Reformen nicht sofort Kostenersparnisse generieren.“ Wie weit die elektronische Patientenakte gediehen ist, berichtete Dr. Markus Leyck Dieken, Geschäftsführer der gematik. „Es handelt sich um eines der derzeit komplexesten IT-Projekte in Europa. Dass wir uns dafür Zeit genommen haben, ist verständlich.“ Zum Stand der Digitalisierung in Hessen und zu AOK-Projekten resümierte Dr. Isabella Erb-Herrmann, Bevollmächtigte des Vorstandes der AOK Hessen: „Digitalisierung ist ein gutes Instrument, näher dran zu sein an den Menschen – vor allem in ländlichen Regionen – oder die Versorgung näher an immobile Menschen zu bringen.“

Zum Abschluss des Forums diskutierten fünf Landtagsabgeordnete, wie sich die Versorgungsqualität auch in Zukunft auf hohem Niveau gewährleisten lässt. Hierbei zeigte sich, dass die Positionen nur geringfügig auseinander liegen.

Fabian Obergföll ist freier Journalist mit Schwerpunkt auf Unternehmenskommunikation im Gesundheitswesen.
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