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Plan für nächste Welle

Im Herbst droht eine neue Corona-Welle. Die Gemeinden und Ämter müssen sich darauf jetzt umfassend vorbereiten, fordert Jürgen Klöckner. Ein Konzept sei dringend erforderlich.

Volle Cafes, Parks und Touristenorte:

Wer in diesen Tagen unterwegs ist, vergisst schnell die Pandemie. Mit dem steigenden Anteil der Corona-Variante Delta wächst allerdings die Sorge vor einer vierten Welle. Darüber darf der Sommer nicht hinwegtäuschen. Die Amtsstuben müssen eine lange Liste an Aufgaben abarbeiten, um das Land besser vorzubereiten.

Sorgen bereitet der Blick auf Schulen, die nach Monaten im Wechselunterricht in einen normalen Betrieb übergehen wollen. Im Online-Unterricht haben Schülerinnen und Schüler laut einer Studie der Goethe-Universität in Frankfurt ungefähr so viel gelernt wie in den Sommerferien, sie haben darüber hinaus physisch und psychisch gelitten. Der Status quo ist für das neue Schuljahr keine Option. Länder wie Israel und Großbritannien zeigen aber, dass vor allem unter jungen Leuten die Fallzahlen wegen der Delta-Variante wieder steigen.

Gesundheitsämter müssen sich schnell digitalisieren.

Deutsche Schulen sind allerdings kaum besser ausgerüstet als vor der Pandemie. Luftfilter und Lüftungen sind Mangelware. Umso wichtiger sind Masken, Schnelltests und Impfungen. Dass das Biontech-Vakzin ab zwölf Jahren zugelassen ist, hilft. Nun müssen die Länder zur Impfung mobilisieren. Jeder, der will, braucht bis zum neuen Schuljahr den vollen Impfschutz. Eine Durchseuchung von Kindern und Jugendlichen kann keine Alternative sein. Eine Infektion ist auch für jüngere Menschen nicht harmlos. Außerdem würde sie eine wochenlange Quarantäne bei ihnen und allen Kontaktpersonen zur Folge haben.

Eine weitere Aufgabe erwartet die Gesundheitsämter. Sie müssen die Zeit nutzen, sich zu digitalisieren. Zwar verfügen fast alle über die Software Sormas, die die Kontaktnachverfolgung erleichtert. Nur ein Bruchteil aber nutzt sie allerdings tatsächlich. Der große Teil begnügt sich mit eigenen Lösungen, die den Austausch von Daten zwischen den Systemen erschweren.

Woran es ebenfalls fehlt sind aussagekräftige Daten, um eine mögliche vierte Welle im Herbst vorherzusagen. Die nötige Impfquote für eine Herdenimmunität lässt sich nur erahnen. Auch eine mögliche Entkopplung der Fall- von den Todeszahlen und die Belegung der Intensivbetten sind bislang nur unbelegte Annahmen. Ein Herbstplan ist deswegen dringend nötig. So kann aus dem sorglosen Sommer ein möglichst sorgloser Herbst werden.

Jürgen Klöckner ist Korrespondent für Gesundheitspolitik beim Handelsblatt.
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