Innovationen

Rückenwind für gute Ideen

Seit einem Vierteljahrhundert prämiert der Berliner Gesundheitspreis Projekte für eine bessere Gesundheitsversorgung. Bei der Jubiläumsveranstaltung zeigte sich: Es gibt noch immer einiges zu tun. Von Dr. Silke Heller-Jung

Als der Berliner Gesundheitspreis 1996

erstmals verliehen wurde, lautete sein richtungsweisendes Motto: „Der Mensch ist unser Maß“. Die Initiatoren – die Ärztekammer Berlin, die damalige AOK Berlin und der AOK-Bundesverband – wollten mit dem Preis im Interesse der Patientinnen und Patienten innovativen Ansätzen für eine bessere Gesundheitsversorgung zum Durchbruch verhelfen. Dieses Ziel sei erreicht worden, bestätigte Dr. Thomas Gebhardt, Parlamentarischer Staatssekretär im Gesundheitsministerium, bei der Online-Veranstaltung „25 Jahre Berliner Gesundheitspreis“ im Juni in Berlin. „Dieser Preis hat immer wieder dazu beigetragen, gute Ideen nach vorne zu bringen, für Innovation zu sorgen und diese auch konkret umzusetzen.“

Strukturreformen auf den Weg bringen.

Bei der Podiumsdiskussion mit Gesundheitsexperten und früheren Preisträgern lag der Fokus auf den offenen Baustellen in der Gesundheitsversorgung und der Frage, ob die Ideen aus der Praxis Blaupausen für die Gesundheitspolitik sein können. So mahnte Professor Ferdinand M. Gerlach, Vorsitzender des Sachverständigenrates Gesundheit, in seinem Statement nachdrücklich „echte Strukturreformen“ an. Neben einer grundlegenden Reform der Notfallversorgung und einer umfassenden Krankenhaus-Strukturreform fehle es auch an sektorenübergreifenden Konzepten. Bei der Digitalisierung sei Deutschland „auf dem Stand eines Entwicklungslandes“, kritisierte Gerlach, der 2002 für ein Projekt zum offenen Umgang mit Fehlern in Medizin und Pflege den Berliner Gesundheitspreis erhielt.

Auf der Webseite zum 25-jährigen Bestehen des Berliner Gesundheitspreises schauen Preisträger und Gesundheitsexperten auf Erreichtes zurück und geben einen Ausblick auf künftige Herausforderungen.

Regelungsdichte verringern.

Die Corona-Pandemie habe Schwachstellen im System deutlich aufgezeigt, waren sich die Expertinnen und Experten bei der Jubiläumsveranstaltung einig. Es gebe keinen Mangel an guten Ideen, sondern vor allem Defizite bei deren Umsetzung. Viele gute Beispiele stießen in der Praxis an institutionelle Grenzen in Form von rechtlichen und bürokratischen Hürden.

Die Regelungsdichte, die die sektoren- und professionsübergreifende Zusammenarbeit eher behindere, müsse verringert werden, forderte der Vorstandschef des AOK-Bundesverbandes, Martin Litsch. „Gesetze sind am Ende nicht das, was Versorgung verändert.“ Aufgabe der Politik sei es, Rahmen zu setzen, damit Innovationen in die Regelversorgung übernommen werden, erklärte hingegen Thomas Gebhard. „Aber wir leben davon, dass die Akteure vor Ort diesen Rahmen füllen, dass sie aktiv werden und auf diese Art und Weise die Gesundheitsversorgung in diesem Land voranbringen.“

Junge Landärzte unterstützen.

Bessere Rahmenbedingungen für die ärztliche Praxis wünschte sich auf der digitalen Veranstaltung zum Jubiläum Hausarzt Dr. Wolfgang Blank, der beim Wettbewerb 2004 Preisträger zum Thema „Hausarztmedizin der Zukunft“ war. Kommunen und Krankenkassen sollten junge Landärzte stärker bei der Umsetzung neuer Versorgungskonzepte unterstützen. Auch Professorin Marie-Luise Dierks, die 2019 als Gründerin der Patienten-Universität an der Medizinischen Hochschule Hannover zu den Preisträgern beim Schwerpunkt „Gesundheitskompetenz“ zählte, unterstrich: „Ideen alleine reichen nicht.“ Die Menschen wünschten sich eine integrierte, wohnortnahe Versorgung aus einer Hand, „nicht dieses Mäandern zwischen Instanzen“.

Akzeptanz digitaler Angebote fördern.

Während der Corona-Pandemie habe sich gezeigt, was die Digitalisierung im Gesundheitswesen leisten könne, erklärte Dr. Peter Bobbert, Präsident der Ärztekammer Berlin. Um die Akzeptanz solcher Angebote zu verbessern, sprach er sich dafür aus, die künftigen Nutzer – Ärzte wie Patienten – stärker an der Entwicklung zu beteiligen: „Am Ende führt kein Weg daran vorbei: Die Potenziale der digitalen Medizin sind so hoch, dass wir sie unbedingt heben müssen“ – im Sinne einer besseren Medizin von morgen.

Silke Heller-Jung hat in Frechen bei Köln ein Redaktionsbüro für Gesundheitsthemen.
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