Porträt
Selbstverwaltung im Gespräch

„Wir brauchen eine offene Fehlerkultur im Gesundheitswesen“

Die AOK tritt für die Stärkung der Patientenrechte ein. Die Politik muss hier dringend handeln, fordert der alternierende Verwaltungsratsvorsitzende der AOK Niedersachsen, Ulrich Gransee.

G+G: Herr Gransee, worum geht es der AOK bei der Stärkung der Rechte von Patienten?

Ulrich Gransee: Neben einer leichteren Beweisführung bei vermuteten Behandlungsfehlern und Arzneimittelschäden fordern wir höhere Anforderungen an ärztliche Informationspflichten, eine beschleunigte Schadensregulierung und eine bessere Unterstützung bei Schäden durch fehlerhafte Medizinprodukte. Außerdem muss es Sanktionen für Leistungserbringer geben, die Betroffenen die Einsicht in ihre Behandlungsakte grundlos verweigern. Zudem sollte das Einsichtsrecht der Kassen in die Behandlungsunterlagen Verstorbener zur Verfolgung von Schadenersatzansprüchen klar geregelt werden.

G+G: Warum sind solche Maßnahmen notwendig?

Gransee: Für Betroffene ist es oft sehr schwierig, einen Zusammenhang zwischen dem ihnen entstandenen Schaden und einem Behandlungs- oder Pflegefehler juristisch nachzuweisen. Viele schrecken deshalb davor zurück, ihre Ansprüche geltend zu machen oder vor Gericht einzuklagen. Daher sind schnellere Verfahren und eine einfachere Beweisführung nötig. Dazu muss das Patientenrechtegesetz von 2013 dringend reformiert werden.

G+G: Wie geht die AOK Niedersachsen mit dem Thema um?

Gransee: Unser speziell geschultes Team führt jährlich mehr als 5.200 Beratungen zu vermuteten Behandlungsfehlern durch. In bis zu 600 Fällen wird ein Gutachten beauftragt. In rund 30 Prozent dieser Fälle ist eine fehlerhafte Behandlung nachzuweisen. Aus Fehlern kann im Sinne der Patienten gelernt werden. Wir brauchen eine offene Fehlerkultur überall im Gesundheitswesen.

Bildnachweis: AOK Niedersachsen