Alles auf Anfang? Die Unabhängige Patientenberatung soll einer Stiftung unterstellt werden.
Gesetzentwurf

Patientenberatung vor dem Neustart

Die Bundesregierung will die Organisation der Unabhängigen Patientenberatung einer Stiftung übertragen. Die Kritik an den Reformplänen richtet sich vor allem gegen die vorgesehene Finanzierung durch die Krankenkassen. Von Thomas Rottschäfer

Die rund 130

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) sorgen sich um ihre Arbeitsplätze. Ende Dezember 2023 läuft der Trägervertrag des GKV-Spitzenverbandes mit der UPD Patientenberatung Deutschland gGmbH aus. Doch noch ist nicht klar, wie es mit der Beratungstätigkeit ab 2024 weitergeht. Fest steht nur: Die Ampelkoalition strebt eine Stiftungslösung an. So solle „insbesondere den Kriterien der Unabhängigkeit, der Staatsferne sowie der Dauerhaftigkeit der Informations- und Beratungsstrukturen in hohem Maße Rechnung getragen werden“, heißt es im Entwurf des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) für eine UPD-Reform.

Zweckentfremdung von Beitragsmitteln.

Leiten soll die neu aufgestellte UPD dem Entwurf zufolge ein zweiköpfiger Stiftungsvorstand, der durch einen Stiftungsrat bestellt und abberufen würde. Diesem elfköpfigen Rat sollen die oder der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, zwei Mitglieder des Bundestages, jeweils ein Vertreter des BMG, des Verbraucherschutzministeriums, des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und des Verbandes der privaten Krankenversicherung (PKV) sowie vier ehrenamtliche Vertreter von Patientenorganisationen angehören. Die Arbeit der Stiftung soll jedes Jahr durch einen unabhängigen Gutachter überprüft werden.

Die politisch gewollte ergänzende Beratung stellt eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe dar.

Als Geldgeber will die Bundesregierung aber weiter die GKV einspannen. Der Ministeriumsentwurf sieht sogar eine deutliche Anhebung des jährlichen UPD-Budgets von derzeit zehn Millionen auf 15 Millionen Euro vor. Von dieser Summe soll die private Krankenversicherung rund eine Million Euro (sieben Prozent) übernehmen. Vor allem an diesem Finanzierungsmodell entzündet sich die Kritik. Die Bundesregierung müsse die „Zweckentfremdung von Beitragsmitteln“ endlich beenden, forderte der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes. „Die gesetzlichen Krankenkassen führen jedes Jahr millionenfach sachkundige Beratungen bei ihren Versicherten mit einer im Ergebnis hohen Zufriedenheit durch“, so die Vertreter der Versicherten und Arbeitgeber. Die politisch gewollte ergänzende Beratung durch die UPD stelle eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe dar und müsse folglich aus Steuermitteln finanziert werden.
 
Für einen erfolgreichen Neustart der UPD sei die sachgerechte Lösung der Finanzierungsfrage unabdingbar, betont der GKV-Spitzenverband in seiner Stellungnahme zum BMG-Entwurf. Bei einer Bundestagsanhörung zu einem Gesetzesantrag der Linkspartei im November forderten auch die Bundesarbeitsgemeinschaft der Patientenstellen und -Initiativen und der Bundesverband der Verbraucherzentralen eine Steuerfinanzierung als Zeichen der Unabhängigkeit.

Verfassungsrechtliche Bedenken.

Juristisch unterfüttert der Sozial- und Arbeitsrechtler Professor Gregor Thüssing diese Forderung. Bei der UPD handele es sich um einen „auf die Gesundheitsversorgung bezogenen Verbraucherschutz“. In dieser allgemeinen Form“ sei das eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und keine originäre Sozialversicherungsleistung, heißt es in seinem für die PKV erstellten Gutachten. Es sei verfassungsrechtlich problematisch, dass die GKV zwar bezahlen, auf Inhalte und Umfang der Stiftungstätigkeit aber keinen Einfluss nehmen solle.

Hintergrund: Laut Referentenentwurf bliebe das Stimmrecht der Kassenvertreter im Stiftungsrat auf Finanzfragen beschränkt. Dann sei es nicht mehr möglich, die zweckmäßige Verwendung von Beitragsgeldern zu prüfen, warnt der GKV-Spitzenverband. Thüssing verweist zudem auf den Rechtsstreit um die „Zwangsalimentierung“ der Bundeszen­trale für gesundheitliche Aufklärung durch die GKV. „Die Beitragsmittel der Versicherten dürfen allein zur Finanzierung der Aufgaben der Sozialversicherung eingesetzt werden“, hatte das Bundes­sozialgericht im Mai 2021 geurteilt.

Bewährte Strukturen erhalten.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach strebt noch kurz vor Weihnachten einen Kabinettsbeschluss zur Reform an. UPD-Geschäftsführer Thorsten Krumwiede hofft, dass der Regierungsentwurf konkrete Aussagen zum Zeitplan und zur Übergangsgestaltung enthält. Es sei niemandem geholfen, wenn „über sieben Jahre aufgebaute, bewährte und pandemieerfahrene Beratungsstrukturen“ zerschlagen und 2024 zeit- und kostenintensiv neu aufgebaut werden müssten, so Krumwiede.

Thomas Rottschäfer ist freier Journalist mit dem Schwerpunkt Gesundheitspolitik.
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