Arbeitsmigration

Willkommen in der Pflege

Angesichts eines sich zuspitzenden Personalmangels suchen Kliniken und Pflegeeinrichtungen auch im Ausland nach Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Was sie beachten sollten, damit Pflegefachpersonen beispielsweise aus den Philippinen, aus Serbien oder Rumänien nach Deutschland kommen und bleiben, skizzieren Maike Zwergel und Dr. Sarina Strumpen.

Für Kliniken und Pflegeeinrichtungen in Deutschland wird es immer schwieriger, offene Stellen für Pflege- und Gesundheitsfachkräfte zu besetzen. Laut Bundesagentur für Arbeit waren im Februar 2023 insgesamt 778.000 offene Stellen gemeldet. Prognosen zur pflegerischen Akut- und Langzeitversorgung, die einen Anstieg der Zahl Pflegebedürftiger sowie die anstehende Verrentungswelle in der Pflege berücksichtigen, gehen von einem stark ansteigendem Personalbedarf aus. Der Deutsche Pflegerat rechnet damit, dass 2030 rund 500.000 beruflich qualifizierte Pflegefachpersonen auf dem Arbeitsmarkt fehlen werden.

Um dem Personalmangel – der viele Branchen betrifft – beizukommen, zielt die Fachkräftestrategie der Bundesregierung vorrangig auf die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und die Erhöhung von Ausbildungszahlen. Darüber hinaus fördert sie aber auch die Einwanderung von im Ausland qualifizierten Personen. Doch Sprachbarrieren, komplizierte Anerkennungsverfahren, dubiose Vermittlungsagenturen oder eine unzureichende Integration im Unternehmen erschweren die Zuwanderung von Pflegefachpersonen. Im Jahr 2019 initiierte das Bundesgesundheitsministerium daher die Gründung des Deutschen Kompetenzzentrums für internationale Fachkräfte in den Gesundheits- und Pflegeberufen (DKF, siehe Kasten „Kompetenz für die Fachkräftegewinnung“). Das DKF unterstützt Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen hinsichtlich der Gewinnung von Fachkräften aus dem Ausland, der Anerkennung der Berufsabschlüsse und der betrieblichen Integration.

Regierung fördert Fachkräfte-Einwanderung.

Wegbereiter der internationalen Dimension der Fachkräftestrategie waren das Anerkennungsgesetz des Bundes im Jahr 2012 und das Fachkräfteeinwanderungsgesetz im Jahr 2020. Beide kennzeichnen einen Paradigmenwechsel im Umgang mit qualifizierter Erwerbsmigration nach Deutschland über den europäischen Wirtschaftsraum hinaus. Sie stehen im Zeichen der Liberalisierung der Zugangswege in den deutschen Arbeitsmarkt. Damit sorgt Deutschland dafür, im internationalen Wettbewerb um qualifizierte Fachpersonen mit großen Anwerbestaaten, wie den USA, Kanada, Australien oder Neuseeland, nicht den Anschluss zu verlieren. Auch der Referentenentwurf des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung vom 20. Februar 2023 führt diese Linie fort.

Im politischen und öffentlichen Raum dreht sich die Diskussion vorrangig um Initiativbewerbungen von Fachkräften aus dem Ausland. Gleichzeitig werden immer mehr Unternehmen der Pflege- und Gesundheitsbranche selbst aktiv und schalten Dienstleistende für die internationale Personalanwerbung ein. Dazu können sie entweder den internationalen Service der Bundesagentur für Arbeit nutzen oder sie beauftragen ein international tätiges Personalvermittlungsunternehmen. Unabhängig davon, wen Pflege- und Gesundheitsunternehmen hinzuziehen, ist internationale Anwerbung für sie stets eine ambitionierte und risikoreiche Strategie. Sie ist daher nur dann sinnvoll, wenn die internationale Anwerbung von Pflegefachpersonal möglichst nachhaltig angelegt ist.

Handlungsspielräume nutzen.

Pflege- und Gesundheitsunternehmen, die aktiv im Ausland pflegefachlich qualifiziertes Personal gewinnen möchten, müssen den Gesamtprozess der internationalen Anwerbung im Blick haben. Dazu gehören die rechtlichen Rahmenbedingungen, die bestehenden Dienstleistungsangebote sowie die eigenen Möglichkeiten. Das DKF als Berater der Pflege- und Gesundheitsunternehmen gliedert die internationale Anwerbung nach drei Aspekten. Zunächst geht es um die faire Vermittlung: Welche Vermittlungs- beziehungsweise Rekrutierungspfade können Unternehmen nutzen? Darüber hinaus ist die betriebliche Integration eine Herausforderung: Wie kann ein Unternehmen den Migrations- und Integrationsprozess unterstützen? Und schließlich steht die wertschätzende Anerkennung der im Ausland erworbenen Berufsabschlüsse im Fokus: Wie kann ein Arbeitgebender die angeworbenen Personen im gesetzlich vorgegebenen Anerkennungsprozess unterstützen?

Das Deutsche Kompetenzzentrum für internationale Fachkräfte in den Gesundheits- und Pflegeberufen (DKF) ist ein Projekt im Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA). Das Bundesgesundheitsministerium hat das DKF initiiert und finanziert es. Seit 2019 fördert das DKF den fachöffentlichen Diskurs, bringt Akteure zusammen, betreibt Agendasetting, sorgt für einen Austausch von Beispielen guter Praxis und beteiligt sich an der Weiterentwicklung von Instrumenten mit dem Ziel, dass internationale Anwerbung von Pflegefachpersonen aus dem Ausland ethisch vertretbar, wertschätzend, integrativ und nachhaltig praktiziert wird. Dabei berät das DKF Pflege- und Gesundheitseinrichtungen hinsichtlich der Vermittlung von Pflegefachpersonen, im Prozess der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse und bei der Integration der Fachkräfte in das Unternehmen.

Quelle: DKF

Selbstverständlich liegt nicht jede Entscheidung oder Umsetzung in der Hand des jeweiligen Unternehmens. Dennoch sollten Pflegeeinrichtungen und Kliniken ihre Handlungsspielräume nutzen und Prozesse so steuern, dass im Ausland gewonnene Pflegefachpersonen gerne längere Zeit bei ihnen arbeiten. Erst dann ist eine internationale Anwerbepraxis als nachhaltig zu bezeichnen.

Vermittlung fair gestalten.

Pflege- und Gesundheitsunternehmen, die aktiv Personal gewinnen wollen, stehen zunächst vor der Frage, wie sie mit potenziellen Interessenten in Kontakt treten können, um ihnen ein Arbeitsplatzangebot zu machen. Darauf haben sich Dienstleistende spezialisiert. Von staatlicher Seite steht den Unternehmen das Angebot der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit (BA) zur Verfügung. Die ZAV bietet aufgrund bilateraler Vermittlungsabsprachen den Vorteil, dass Pflegefachpersonen bereits einreisen können, bevor ein Anerkennungsverfahren eingeleitet werden muss. Neben dem Service der ZAV besteht in einigen Ländern seit 2013 das Angebot von Triple Win, unter anderem in Bosnien und Herzegowina, den Philippinen und Tunesien. Hier übernimmt ein Team der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Kooperation mit der BA als Dienstleister einige Arbeitspakete über die Vermittlung hinaus.
 
Neben dem staatlich organisierten Vermittlungsangebot hat sich in den vergangenen Jahren eine Branche von international tätigen Personalvermittlungsunternehmen etabliert, die eine internationale Anwerbung für Pflege- und Gesundheitsunternehmen in der heutigen Größenordnung erst ermöglicht hat. Treiber dieser Entwicklung waren insbesondere die seit 2012 bestehende übergreifende Möglichkeit der beruflichen Anerkennung von im Ausland qualifizierten Pflegefachpersonen sowie der sich abzeichnende Pflegepersonalmangel.

Erste Ansprechpartner in Agenturen.

Gewerbliche Personalvermittlungsunternehmen sind mehrheitlich als Agenturen aufgestellt. Sie vermitteln Arbeitsverträge zwischen Pflege- und Gesundheitsunternehmen in Deutschland (also ihren Kunden) und Pflegefachpersonen im Ausland. Über dieses Vermittlungsgeschäft hinaus bieten viele Agenturen weitere Dienstleistungen an. Häufig übernehmen sie – per Vollmachtserteilung – für die neuen Mitarbeitenden sowie für die Unternehmen zentrale Aufgaben bei der Organisation des Umzuges, der Beantragung des Aufenthaltstitels und bei der Arbeitsmarktzulassung. Darüber hinaus spielen Agenturen durch ihre oftmals enge Zusammenarbeit mit Sprachschulen und Bildungsträgern fast immer eine zentrale Rolle bei der Unterstützung des Spracherwerbs und bei der Begleitung des behördlichen Anerkennungsverfahrens in Deutschland. Die Fachkräfte aus dem Ausland finden in den Agenturen im gesamten Prozess ihre ersten Ansprechpartner. Die Informationen, Ratschläge und Empfehlungen dieser Dienstleistenden spielen auch für die Pflege- und Gesundheitsunternehmen eine wichtige Rolle.

Branche entwickelt sich dynamisch.

Die gewerbliche internationale Personalvermittlung ist in Deutschland weder reguliert noch staatlich gefördert. Personalvermittelnde haben daher viele Freiheiten, ihre Dienstleistungen zuzuschneiden und Preise festzulegen. Es gibt keine spezifische Aufsichtsbehörde oder ähnliches, die ihre Geschäftstätigkeit systematisch kontrolliert.

Damit die Integration gelingt, sollten Kliniken und Pflegeeinrichtungen die Wünsche und Erwartungen der im Ausland gewonnenen Fachkräfte erfragen.

Die Branche entwickelt sich weiterhin dynamisch und Geschäfts- und Finanzierungsmodelle variieren. Aus den vergangenen zehn Jahren gibt es neben positiven Berichten zu seriös agierenden Personalvermittlungsunternehmen auch Erfahrungsberichte, die von prekären Umständen zeugen. Mitunter haben sich Menschen am Ende des Anwerbeprozesses in einer Situation wiedergefunden, die einer modernen Schuldknechtschaft gleicht. So beschreibt etwa das Recherchekollektiv Correctiv den Fall einer Pflegerin aus Kolumbien, die von einer Agentur eine Stelle an einem Krankenhaus in Deutschland vermittelt bekommt. In ihrer Heimat nimmt sie demnach einen Kredit auf, um Gebühren für eine Sprachprüfung zu bezahlen. Im Jahr 2020 kommt sie nach Deutschland, doch ihr Deutsch reicht für die Arbeit nicht aus, ihr Visum läuft ab und niemand unterstützt sie bei Behördengängen, Banken verweigern ihr die Kontoeröffnung und nach einem Monat kehrt sie deshalb nach Kolumbien zurück.

Über solche negativen Erfahrungen hinaus gibt es Berichte über Insolvenzen der Agenturen während laufender Vermittlungsprozesse und frustrierte Unternehmen, die vermittelte Personen schließlich nicht im Dienstplan verbuchen konnten.

Ministerium führt Gütesiegel ein.

Die Unzufriedenheit der Pflege- und Gesundheitsbranche mit der Anwerbe- und Vermittlungspraxis war auch Thema in der Konzertierten Aktion Pflege (2018/2019). Im Ergebnis initiierte das Bundesgesundheitsministerium die Entwicklung und Einführung eines Gütesiegels für faire und ethisch vertretbare internationale Vermittlung von Pflegefachpersonen. Die Auszeichnung „Faire Anwerbung Pflege Deutschland“ kennzeichnet seit Anfang 2022 gewerbliche Personalvermittlungsagenturen und ihre Vermittlungsdienstleistung, die sich freiwillig einem umfangreichen Anforderungskatalog verpflichten. Auch Pflege- und Gesundheitsunternehmen können ihre internationale Personalanwerbung prüfen und auszeichnen lassen, wenn sie die Vermittlung mit Inhouse-Ressourcen abdecken. Mittlerweile tragen mehr als 50 Unternehmen die Auszeichnung. Durch das Gütesiegel sollen sowohl zur Migration entschlossene Pflegefachpersonen als auch die Unternehmen verlässlich Transparenz zum Vermittlungsangebot und den anschließenden Prozess erhalten. Zentral ist neben dieser Informationsgrundlage vor allem die Umsetzung des international verbreiteten Employer Pays-Prinzips. Die Kosten und das wirtschaftliche Risiko eines Anwerbeprozesses trägt demnach der Arbeitgebende. Dies umfasst auch den Ausschluss von Varianten der Weitergabe wirtschaftlicher Risiken an die Pflegefachperson, wenn Anwerbeprozesse scheitern, zum Beispiel durch Bindungs- und Rückzahlungsklauseln.

Enttäuschungen vorbeugen.

Doch nicht nur bei der Vermittlung selbst kann einiges schiefgehen. Die Nachhaltigkeit internationaler Anwerbeprozesse scheitert häufig an enttäuschten Erwartungen. Menschen, die für ein Arbeitsplatzangebot den Weg der internationalen Erwerbsmigration eingeschlagen haben, erleben ihren Arbeitsplatz und die Unterstützung in Deutschland oftmals nicht so, wie sie es erwartet haben oder sich gewünscht hätten. Dafür kann es unterschiedliche Gründe geben. Vielleicht wurden im Vermittlungsprozess Angaben und Versprechungen gemacht, die der Arbeitgebende nicht einhalten kann oder der Arbeitnehmende hat unausgesprochene Erwartungen, die zuvor nicht aufgefangen wurden und schließlich zu Enttäuschung führen.
 
Um ein Beispiel zu skizzieren: Pflegefachpersonen erhalten die pauschale Zusicherung, dass das einstellende Unternehmen und die Agentur sie während des Anerkennungsprozesses unterstützen. Die Art der Unterstützung wird dann jedoch weder definiert noch werden Optionen erläutert. In Deutschland angekommen, stehen die angeworbenen Fachkräfte vor großen Herausforderungen: Nicht selten arbeiten sie als Pflegehilfskräfte oder als Praktikanten zum Helfergehalt, besuchen außerhalb der Arbeitszeit einen Deutschkurs und/oder einen Vorbereitungskurs auf die Kenntnisprüfung. Doch die Arbeit als Pflegehilfskraft trägt weder zur Anerkennung des Berufsabschlusses bei, noch verschafft sie ein gutes Einkommen. Der Besuch eines Kurses außerhalb der Arbeitszeit reduziert die Freizeit erheblich. In Kombination mit dem Druck, schnell eine Kenntnisprüfung auf Deutsch bestehen zu müssen, erleben viele eingewanderte Fachkräfte diese Phase als sehr belastend.

Transparenz herstellen.

Wenn Pflege- und Gesundheitseinrichtungen Fachkräfte aus dem Ausland einstellen wollen, sollten sie frühzeitig transparent darstellen, womit die Arbeitnehmenden rechnen können – und womit eben auch nicht. Dabei gilt es aber nicht nur, die eigenen unternehmerischen Erwartungen und Vorstellungen zu formulieren, sondern auch die Wünsche und Erwartungen der Fachkräfte zu erfragen und zu berücksichtigen. Diese Transparenz und Offenheit zu Beginn eines Anwerbeprozesses ist eine bisher unzureichend berücksichtigte Voraussetzung für Nachhaltigkeit in der internationalen Anwerbung.

Säulendiagramm: Grafik: Anträge auf Anerkennung: Pflegefachpersonen an der Spitze

Bei den Anträgen auf Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse liegen die Gesundheitsberufe ganz vorn. So entfielen im Jahr 2021 von den insgesamt rund 25.400 Anträgen auf Anerkennung in reglementierten Berufen (rechtlich geschützte Tätigkeiten, für die neben einer bestimmten Qualifikation häufig weitere Voraussetzungen zu erfüllen sind) 13.773 auf Gesundheits- und Krankenpfleger/innen.

Quelle: bibb.de/anerkennungsmonitoring

Doch wie können die anwerbenden Unternehmen ein solches Erwartungsmanagement effizient umsetzen? Das Mittel der Wahl ist ein konkretes Konzept für das betriebliche Integrationsmanagement. Im Rahmen der Konzept- und Projektarbeit kann ein Unternehmen bereichsübergreifend aufschlüsseln, welche innerbetrieblichen Maßnahmen es aufsetzt, um für international angeworbene Pflegefachpersonen attraktiv zu sein. Ein solches Konzept sollten sie Personalvermittlungsagenturen an die Hand geben, wenn diese passendes Personal für die angebotenen Arbeitsplätze suchen. Zwei weitere Vorteile bringt ein Konzept mit sich: Es strukturiert innerbetriebliche Prozesse, regelt Zuständigkeiten und Strukturen und macht Zusammenhänge mit anderen Arbeitsbereichen transparent. Gleichzeitig ist es auch die Richtschnur, an denen sich ein Unternehmen messen lassen muss, wenn es von seinen international angeworbenen Mitarbeitenden bewertet wird.
 
Das DKF hat 15 Anforderungsfelder definiert, die die fach­liche, soziale und betriebliche Integration von Pflegefachpersonen beleuchten. Sie sollten bei der Konzeptentwicklung berücksichtigt werden. Zu den Anforderungsfeldern gehören beispielsweise folgende Punkte: Patenschaften und Mentoring, Anerkennungsprozess organisieren, Kompetenzen erweitern, Konflikte auffangen, die Sprachentwicklung fördern sowie die Familie in den Blick nehmen. Da jedes Unternehmen und jeder Standort spezifische Bedingungen und Möglichkeiten zu berücksichtigen hat, bietet das DKF einen „Werkzeugkoffer Willkommenskultur und Integration“ mit Hintergrundwissen, Instrumenten, Beispielen guter Praxis sowie nützlichen Links.

Am Anerkennungsprozess mitwirken.

Bei der Frage, wie sich ein Pflege- und Gesundheitsunternehmen in Deutschland für internationale Anwerbung attraktiv aufstellen kann, ist die Organisation des Anerkennungsprozesses von besonderer Bedeutung. Anerkennungsverfahren und -prozesse sind gerade bei den Gesundheitsfachberufen ein neuralgischer Punkt, der weitere Akteure auf den Plan ruft und Abhängigkeiten mit sich bringt.

Im Jahr 2021 stellten Fachkräfte in Deutschland 34.704 Anträge auf Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse. Nach Ergebnissen des BIBB-Anerkennungsmonitorings entfielen 13.773 aller Anträge auf den Beruf der/des Gesundheits- und Krankenpflegerin/ers (siehe Grafik „Anträge auf Anerkennung: Pflegefachpersonen an der Spitze“). Das entsprach einem Plus von sieben Prozent gegenüber dem Vorjahr. Während die Zugangswege nach Deutschland zunehmend liberal gestaltet sind, bringen berufsrechtliche Bestimmungen zur Anerkennung der im Ausland erworbenen Berufsqualifikation von Pflegefachpersonen Besonderheiten mit sich. Die im Ausland qualifizierte Person hat als Antragsstellende das Recht auf die Prüfung der Gleichwertigkeit sowie zum Ausgleich gegebenenfalls bescheinigter wesentlicher Unterschiede („Defizite“).

Grafik: Mehr Anträge auf Anerkennung eines Gesundheitsfachberufs aus Drittstaaten

Die Zahl der Anträge auf Anerkennung eines ausländischen Abschlusses in einem Gesundheitsfachberuf (akademische Heilberufe nicht einbezogen) aus Staaten außerhalb der Europäischen Union ist seit 2015 deutlich gestiegen. Lag die Zahl der Anträge aus Drittstaaten 2015 noch bei 3.051, waren es 2021 bereits 14.538. Die Zahl der Anträge aus EU-Staaten ist im gleichen Zeitraum gesunken.

Quelle: amtliche Statistik Paragraf 17 BQFG Bund bzw. Fachrechte und Verordnungen mit Verweis auf Paragraf 17 BQFG Bund/BIBB

Es liegt im Interesse der Unternehmen, dass die Erlaubnis zur Berufsausübung möglichst schnell erteilt wird, denn nur dann ist die Person auch als Fachkraft einzuplanen. Daher sollten sich die Unternehmen selbst einbringen oder Dienstleistende beauftragen und am Anerkennungsprozess mitwirken.

Adressatengerechte Informationen bereitstellen.

Bundesweit hat sich eine Vielfalt an unterschiedlichen Anerkennungsstrukturen ergeben. Arbeitgebende, Bundesländer, Personalvermittlungsagenturen und Bildungsträger bringen hier jeweils eigene Vorschläge und Wege ein. Aus dem Ausland angeworbene Pflegefachpersonen sind von dem Angebot oftmals erschlagen, kennen nur bedingt Alternativen und ihre Rechte. Will ein Unternehmen im Sinne eines nachhaltigen Anwerbung den Anerkennungspro­zess organisieren, ist daher zunächst die Bereitstellung adressatengerechter, transparenter Informationen wichtig. Einen Einstieg bietet die Broschüre „Informationen zur Erwerbsmigration in die Pflege nach Deutschland“, die mehrsprachig und regelmäßig aktualisiert unter faire-anwerbung-pflege-deutschland.de zur Verfügung steht.
 
Konzeptionell zu beachten ist auch, dass Pflegefachpersonen aus dem Ausland mit Rollen und Aufgaben sowie beruflichen Umständen umgehen müssen, die sich häufig stark von den Vorerfahrungen unterscheiden. Auch bei hoher pflegefachlicher Expertise sind die Standards und Stationsabläufe in Deutschland nicht selbstverständlich zu erschließen. Die Sprachbarriere kann die daraus resultierende Handlungsunsicherheit verstärken.

Nachhaltige Anwerbepraxis sicherstellen.

Deshalb lohnt es sich, die Einarbeitung mit der Anpassungsqualifizierung gut zu verzahnen. Pflegefach- und Sprachlehrangebote könnten in Anpassungslehrgänge oder Vorbereitungskurse auf die Kenntnisprüfung integriert werden. Praxisanleitende in den Pflege- und Gesundheitseinrichtungen sollten für das Sprachlernen sensibilisiert sein.

Als Beispiele guter Praxis haben sich sogenannte Willkommensstationen gezeigt: Hier arbeitet entsprechend geschultes Personal die neuen Mitarbeitenden strukturiert ein und bereitet sie auf Prüfungssituationen vor.

Das Anerkennungsverfahren hängt stark von behördlichen Auflagen ab. Die Rechtsgrundlagen liegen formal bei den Antragsstellenden. Das limitiert für Arbeitgebende die Handlungsspielräume zur Gestaltung des Anerkennungsprozesses. Dennoch lohnt es sich für Pflege- und Gesundheitseinrichtungen, den Prozess im Rahmen der Möglichkeiten mitzugestalten. Nur so lässt sich eine nachhaltige internationale Anwerbepraxis im Sinne aller Beteiligten sicherstellen. Ein gelungener Aner­kennungsprozess hat großen Einfluss auf eine längerfristige Bindung der im Ausland gewonnen Fachkräfte an die Pflege- und Gesundheitseinrichtungen in Deutschland.

Sarina Strumpen leitet das Deutsche Kompetenzzentrum für internationale Fachkräfte in den Gesundheits- und Pflegeberufen (DKF) im Kuratorium Deutsche Altershilfe.
Maike Zwergel ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am DKF.
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