Porträt
Kommentar

Pflegelohn muss kommen

Wenn Familienangehörige pflegebedürftig werden, pausieren gerade Frauen oft vom Job und erleiden finanzielle Einbußen. Das muss sich ändern, meint Bettina Markmeyer.

Zwei erfolgreiche Frauen

geben ihre Posten auf, um ihre Eltern zu pflegen. Die Entscheidungen der Digitalchefin bei Bosch, Vera Schneevoigt, sowie der Berliner Verbandsmanagerin Claudia Große-Leege sorgen für Aufmerksamkeit. Normalerweise ist es kein Thema, dass millionenfach Frauen auf eigenes Geld, Anerkennung im Beruf, Urlaub und mehr Rente verzichten, um Angehörige pflegen zu können. Hauptgrund ist die Unvereinbarkeit von Berufstätigkeit und Pflege. Die staatlichen Angebote für eine Auszeit vom Job sind kompliziert, realitätsfern und schließen Frauen aus, die in kleinen Unternehmen arbeiten. Es nehmen daher mehr Angehörige unbezahlten Urlaub als auf die sechsmonatige Pflegezeit oder die Familienpflegezeit von bis zu zwei Jahren zurückzugreifen, die beide keinen Lohnersatz beinhalten.

Die nur wenigen Zahlen zur Inanspruchnahme von pflegebedingten Auszeiten haben eines gemeinsam: Sie sind ungenau, und sie sind niedrig. Sicher scheint, dass 90 Prozent aller Pflegenden von keiner Freistellung nach dem Pflegezeitgesetz Gebrauch machen. Wenn überhaupt eine gesetzliche Auszeit genommen wird, dann ist es in der Hälfte der Fälle das Pflegeunterstützungsgeld für zehn Tage (zwanzig Tage während der Corona-Pandemie).

Ein Pflegelohn muss sich nach dem Pflegegrad richten.

Die Ampel-Koalition will nun, analog zum Elterngeld, eine Lohnersatzleistung einführen. Das ist dringend nötig: Brechen die Angehörigen zusammen, bricht die Altenpflege zusammen. Mehr als fünf Millionen Menschen kümmern sich selbst um ihre Angehörigen, drei Millionen sind berufstätig. Häufig halten sie das nur durch, weil sie bei Vater oder Mutter skandalös unterbezahlte Osteuropäerinnen beschäftigen.

Aber Achtung: Eine Lohnersatzleistung würde erneut Frauen benachteiligen, hat die Chefin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, ausrechnen lassen. Denn sie werden immer noch schlechter bezahlt als Männer und arbeiten häufiger in Teilzeitjobs. Ein Pflegelohn muss sich deshalb nicht nach dem vorherigen Gehalt richten, sondern danach, wie viel Zeit die Pflege in Anspruch nimmt, das heißt nach dem Pflegegrad des Angehörigen.

All diese Probleme haben die beiden Managerinnen nicht, die nun das tun, was viele Menschen tun möchten, ohne sich deshalb Sorgen um die Rechnungen und ihre Rente machen zu müssen: Vater und Mutter am Ende ihres Lebens beistehen.

Bettina Markmeyer ist Korrespondentin beim Evangelischen Pressedienst (epd).
Bildnachweis: epd