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Rundruf

Gebühr für versäumte Termine?

Viele Patientinnen und Patienten warten monatelang auf einen Arzttermin während andere nicht wie verabredet erscheinen. Welche Mittel sind notwendig, um die Terminplanung besser zu steuern?

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Stefan Schwartze, Patientenbeauftragter der Bundesregierung:
Straf- und Praxisgebühren haben sich als Irrweg erwiesen. Den Arztpraxen entsteht durch das Erheben der Gelder ein erheblicher Aufwand, der den wirtschaftlichen Nutzen bei Weitem übersteigt. Durch eine Gebühr findet zudem keine steuernde oder erziehende Wirkung statt. Diese und weitere Erkenntnisse führten erst vor einigen Jahren dazu, die Praxisgebühr wieder abzuschaffen. Zudem halte ich es für unangemessen, Privathaushalte und somit Patientinnen und Patienten in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zusätzlich zu belasten. Zielführender sind niedrigschwellige und innovative Lösungen zur Kontaktaufnahme und Terminvereinbarung sowie ein gutes und vertrauensvolles Patienten-Arzt-Verhältnis.

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Prof. Dr. Annika Herr, Center for Health Economics Research CHERH, Leibniz Universität Hannover:
Eine ausreichend hohe Strafgebühr könnte den Anteil spontan ausgefallener Termine reduzieren. Jedoch zu welchem Preis? Für Patientinnen und Patienten könnten, neben den direkten Kosten, die sozial relevant sind, indirekte Kosten über eine mögliche Nicht-Inanspruchnahme von Präventionsleistungen entstehen. Auf Praxisebene fallen Mehrkosten für Verwaltung und Personal an, es könnte zu mehr Arztbesuchen ohne Termin kommen. Internationale Studien zeigen, dass Termine in der Regel schlicht vergessen werden und automatische SMS- oder E-Mail-Erinnerungen erfolgreich Ausfälle verhindern – zu geringen Kosten.

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Dr. Dirk Heinrich, Bundesvorsitzender des Virchowbundes e. V.:
Patienten und Krankenkassen klagen oft und laut über lange Wartezeiten auf Arzttermine. Gleichzeitig melden Praxen im Schnitt 20 bis 30 Prozent „No-Shows“, oft bei aufwendigen Untersuchungen oder auch angeblich dringenden Terminen über die Terminservicestelle. Das passt nicht zusammen. Unsolidarisches Verhalten sollte Konsequenzen haben, ob nun Geldstrafe, Terminsperre oder anderes. Das hat einen Erziehungseffekt und ist gerechter gegenüber denen, die unnötig warten müssen. Natürlich müssen Praxen eine zeitnahe Terminabsage möglich machen, zum Beispiel digital. Für Notfälle wird es immer Ausnahmen geben.

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Sabine Wolter, Rechtsexpertin der Verbraucherzentrale NRW e. V.:
Es gibt zum Thema Strafgebühr bei versäumten Arztterminen noch keine einheitliche Rechtsprechung. Ein Ersatzanspruch der Praxis ergibt sich, wenn dem Arzt ein Verdienstausfall entstanden ist. Das gilt insbesondere für Facharzt- und Bestellpraxen, die zum Beispiel bei einer aufwendigen Zahnbehandlung auf die Schnelle keinen Ersatzpatienten einbestellen können. Die generelle Pflicht zur Zahlung von Ausfallhonoraren, verankert in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, sieht die Rechtsprechung kritisch. Damit es gar nicht erst zu solchen Streitigkeiten kommt, sollten Patienten Termine rechtzeitig absagen oder verschieben.

Bildnachweis: Jan Pauls, CHERH, Virchowbund/Lopata, Verbraucherzentrale NRW