Alles gleichzeitig und möglichst schnell: Beschäftigte beklagen den hohen Zeitdruck beim digitalisierten Arbeiten.
Prävention

Fit für die digitale Arbeitswelt

Ob im Büro oder in der Produktion – die Digitalisierung verändert die Arbeitswelt in rasantem Tempo. Die AOK Niedersachsen unterstützt Unternehmen dabei, das Gesundheitsmanagement an die neuen Anforderungen anzupassen. Von Bärbel Triller

Das Projekt

„Gesundheit in der Arbeitswelt 4.0“ ist im Alltag angekommen: Seit 2017 treffen sich Vertreter der 21 teilnehmenden niedersächsischen Unternehmen regelmäßig und tauschen sich darüber aus, wie sie die Gesundheit der Beschäftigten in Zeiten des digitalen Wandels schützen können. Das von der AOK Niedersachsen in Partnerschaft mit dem Sozial- und dem Wirtschaftsministerium des Landes initiierte Projekt hat eine Laufzeit von fünf Jahren. Ein Zwischenfazit stellte die AOK Niedersachsen gemeinsam mit weiteren Experten auf dem Jahressymposium in Hannover vor. „Die Mehrheit der Beschäftigten steht der zunehmenden Digitalisierung positiv gegenüber“, sagte Dr. Martin Kuhlmann vom Soziologischen Forschungsinstitut Göttingen (SOFI). Der Leiter der Begleitstudie des Projekts sagte, dass die Beschäftigten den eigenen Arbeitsplatz fast durchweg als nicht bedroht ansehen.

Informationsflut belastet Arbeitnehmer.

Als positive Aspekte der Digitalisierung erwarten die Beschäftigen nach Ergebnissen des Projekts unter anderem mehr Effizienz, bessere Arbeitsergebnisse, weniger körperliche Belastungen, fachliche Herausforderungen und Qualifizierungsmöglichkeiten. Negativ hingegen stufen sie den hohen Zeitdruck ein. Weiter befürchten sie geringere Entscheidungsspielräume und höhere psychisch-emotionale Belastungen. Das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) sollte sich um eine ergonomische Arbeitsplatzgestaltung, besseres Raumklima, Lärmschutz und den Umgang mit Stress kümmern, so das Ergebnis der Befragung.

SOFI-Studienleiter Kuhlmann betonte, dass damit die klassischen Themen des BGM weiterhin eine hohe Bedeutung hätten und auch in der modernen Arbeitswelt nicht zu vernachlässigen seien. Durch die Digitalisierung würden jedoch neue Aspekte hinzukommen. Dazu würden die Informationsflut, die Beschleunigung und Verdichtung von Arbeitsabläufen, nicht funktionierende Technik, Schnittstellenprobleme und die Flexibilisierung gehören.

Ressourcen der Mitarbeiter stärken.

Im aktuellen Projektjahr lag der Fokus auf solchen Belastungen, vor denen die Unternehmen branchenübergreifend stehen. So sind sie beispielsweise bemüht, die Technik und dazugehörige Software auf dem neuesten Stand zu halten, sodass Beschäftigte von Weiterentwicklungen profitieren. „Dabei führen stetige Neuerungen im Unternehmen oftmals zu einer wachsenden Zahl an Softwarelösungen oder zu Schnittstellen zwischen alten und neuen Systemen. Diese sind nicht immer aufeinander abgestimmt und bilden die Tätigkeit der Beschäftigten nicht ausreichend ab“, erklärte Anouschka Gronau, Leiterin des Innovationsprojekts „Gesundheit in der Arbeitswelt 4.0“. Um die Inkompatibilität der Systeme zu überbrücken, schaffen Beschäftigte Insellösungen. Das führt zu ineffizientem Arbeiten und erzeugt verstärktes Stressempfinden und Frust. „Um die betrieblichen Rahmenbedingungen der Arbeitswelt 4.0 optimal zu gestalten und die Gesundheit und Motivation von Beschäftigten auch zukünftig zu erhalten und zu fördern, begleiten wir Unternehmen individuell dabei, Beteiligungs- und Gestaltungsräume zu schaffen. Zugleich unterstützen wir dabei, Belastungen zu reduzieren und Ressourcen zu stärken“, betonte der Vorstandsvorsitzende der AOK Niedersachsen, Dr. Jürgen Peter.

Beschäftigte qualifizieren.

Der Erfolg von Digitalisierungsstrategien hängt maßgeblich von der Mitnahme der Beschäftigten ab, lautete das Fazit von Silvia Hernandez. Die Managementberaterin der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young entwirft Szenarien der Arbeitswelt der Zukunft. Unternehmen sollten ihre Beschäftigten unterstützen und qualifizieren, damit diese neue Aufgaben oder Jobs aus eigener Motivation und eigenem Interesse ausführen können, so die Empfehlung von Hernandez auf dem Jahressymposium in Hannover.

Weitere Informationen über das Projekt „Gesundheit in der Arbeitswelt 4.0“

Bärbel Triller ist freie Journalistin in Hannover.
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